Rezension

Ein ungewöhnlicher Roman aus Israel

Der Besuch - Hila Blum

Der Besuch
von Hila Blum

Bewertet mit 3 Sternen

Jerusalem im Hochsommer: Während der vermisste russische Junge Denis Bukinow in den Medien Hauptthema in Israel ist, sitzt das Ehepaar Nili, 38 und ihr Mann Nati, 44 Schoenfelder vor dem Fernseher. Ein Anruf eines Bekannten, dem reichen Jesaja Duclos aus Paris schreckt Nili auf: Duclos hatte ihnen vor 9 Jahren auf ihrer Parisreise geholfen und will sich nun unerwartet mit ihnen treffen.

Bei Nili setzt nun eine "Erinnerungsmaschinerie" ein. Sie erinnert sich an ihre Parisreise, ihre frühen Schwierigkeiten als Paar, ein dunkles Geheimnis, das sie mit Duclos teilt. Dies alles wird durchwoben mit Informationen aus ihrem Alltag, ihren Sorgen um ihre Kinder, ihre Wünsche, Ängste, ihre Arbeit als Übersetzerin und ihre Beziehung. Doch immer wieder kehrt Nili mit ihren Grübeleien zu der besagten Reise zurück und fürchtet sich vor etwas, das Duclos gesagt hat und bei einem erneuten Treffen wiederholen könnte.

Was das ist, erfährt der Leser erst am Schluss. Vorher wird seine Neugierde geschürt, indem wie bei einem großen Puzzle einzelne Teile aus dem Leben der Familie erzählt werden. Leider war für mich das Puzzle am Ende nicht fertig gepuzzlet. Mir fehlten noch viele Informationen und Zusammenhänge, so dass die Familiengeschichte für mich eher fragmentarisch geblieben ist.

Probleme hatte ich auch mit der Hauptfigur Nili, die mir im Verlauf der Geschichte (wenn man die so nennen kann) immer unsympatischer wurde. Ihr Charakter bildete sich immer mehr heraus, ihre Unsicherheit, Unzufriedenheit, ihre endlosen sinnlosen Grübeleien, die sie mit Verdrängung abzuschalten versucht. Dadurch ist das Buch an vielen Stellen ziemlich langatmig und für mich auch nicht so interessant gewesen.

Ich fand den Roman sehr anstrengend zu lesen und auch den Faden nicht zu verlieren. Dabei ist der Erzählstil aber sehr angenehm poetisch und im Hochstil geschrieben. Das hat für mich das Buch deutlich aufgewertet, so dass ich im Resultat 3 Sterne vergeben kann.

Fazit: Ein ungewöhnliches Buch, poetisch und wunderschön geschrieben, aber vom Inhalt her schwierig und leider sehr fragmentarisch. Eine Empfehlung kann ich daher nur bedingt geben!