Rezension

Ein wenig bekanntes Thema ergreifend dargestellt

Solange die Hoffnung uns gehört - Linda Winterberg

Solange die Hoffnung uns gehört
von Linda Winterberg

Bewertet mit 5 Sternen

Die Aufmachung des Buches wirkt schon fast idyllisch… das Buch selbst ist es nicht. Anhand des Klappentextes weiß man, dass es um eine Geschichte in den Jahren des Nationalsozialismus geht und um eine Mutter-Tochter-Beziehung, die viel zu früh auseinandergerissen wird. Ich muss aber sagen, ich hätte nicht erwartet, mit welcher Deutlichkeit die Kriegsjahre und das Schicksal von Juden oder jüdischstämmigen Menschen in dieser Zeit beschrieben werden.

Die Autorin hat sehr viel recherchiert und – wie man im Nachwort erfährt – die Lebensgeschichten einiger real existierender Personen zu einem spannenden und mitunter beklemmenden Porträt dieser Zeit zusammengewoben. Mich hat das Buch von Anfang an gefesselt und ich war quasi mittendrin in der Zeit und habe mit Anni gelitten.

Aufhänger des Buches sind ja die sogenannten „Kinderverschickungen“ nach England. Damit haben jüdischstämmige Eltern ihren Kindern ein sicheres Leben außerhalb Deutschlands ermöglichen können. Viele Kinder konnten sicherlich nicht ermessen, welche großen Vorteil sie dadurch hatten –sie haben nur gesehen, dass ihre Eltern sie fortgeschickt haben. Im Nachhinein, als sie im (halbwegs) sicheren England erwachsen wurden, konnten sie dann die Zusammenhänge verstehen – und viele sind nie darüber hinweggekommen, dass gerade sie überleben durften während der Rest der Familie früher oder später in Konzentrationslager deportiert wurde. Mit den Kindertransporten wird ein Aspekt des 2. Weltkriegs thematisiert, der wenig bekannt ist und doch so viel Anerkennung verdient. Umso wichtiger ist dieses Buch, finde ich, und wer sich für das Thema interessiert, sollte es unbedingt gelesen haben.

Die Figuren sind realistisch, lebensnah und zum großen Teil auch sehr sympathisch. Mein absoluter Liebling in der Geschichte ist Georgina. Sie heißt eigentlich Norbert und ist Garderobiere an der Alten Oper, in der Anni als Sopranistin auftritt. Georgina ist die gute Seele der Oper, sie ist Ratgeberin, Vertraute und findet immer die richtigen Worte für ihre „Schäfchen“. Als die Zeiten härter werden, ist sie als Transgender ebenfalls den Anfeindungen des Regimes ausgesetzt, findet aber einen Weg, sich anzupassen und so möglichst wenig aufzufallen. Ein wunderbarer Charakter, der das Buch sehr bereichert!

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, ich habe viel beim Lesen gelernt und ich kann der Autorin nur Respekt zollen für die tolle Recherchearbeit und das, was daraus entstanden ist.