Rezension

Eine poetische Reise durchs Liebesleben

Fünf Lieben lang
von Andre Aciman

Bewertet mit 4 Sternen

Eine poetische Biographie eines Liebenden in all seinen lyrischen Kapriolen und schonungslosen Selbstzweifeln.

Mir hat die Idee sehr gut gefallen, anhand der Lieben des Ich-Erzählers quasi dessen Lebensgeschichte zu erfahren. Vor allem hat mich der literarische Ton gleich von Beginn an überzeugt, welchen der Autor in diesem Buch anschlägt. Man bekommt ein herrliches Gefühl von Wehmut und Fernweh. Sicherlich liegt es auch daran, dass das erzählende Ich logischerweise mit der ersten Liebe beginnt. Ja, ich muss zugeben, dass es mich zunächst befremdet hat, als ich das Alter des Jungen erfuhr, der sich da in einen erwachsenen Mann verliebt. Genau das zeigt aber auch, dass der Autor einen ehrlichen, bisweilen gar schonungslosen Blick auf das Wesen der Liebe hat. So haftet allen Erzählungen in diesem Leben auch das Tragische an. Auf diese Weise bekommt das Buch etwas teils nüchtern Banales und zugleich auch berührend Wahrhaftiges.

Hervorzuheben sind die wirklich tollen Wendungen gerade in den ersten Geschichten. Bei der ersten Liebe hat mir zudem sehr gut gefallen, wie die Verliebtheit des Jungen mit der Familiengeschichte verknüpft wurde und das alles im Rückblick erzählt wurde, während der nunmehr erwachsene Mann auf den Spuren der Vergangenheit ins Dorf seiner Kindheit zurückkehrt. Für mich hatte dieser erste und wohl längste Erzählstrang die größte Wirkung. Gerade auch die Verstrickung, die der Ich-Erzähler und somit auch der Leser erst gegen Ende dieses Kapitels erfasst, hat das Buch zu einem lohnenden Lesevergnügen gemacht.

Leider muss ich sagen, dass für mich die Kraft des Buchs anschließend erst ein wenig, schließlich aber doch deutlicher nachgelassen hat. Ich habe diese begeisternden Pointen vermisst und persönlich konnte ich mit dem Upper-Class-Smalltalk nur wenig anfangen. Die Figuren sind weiterhin gut gezeichnet, aber ich selbst habe irgendwie den Kontakt zum Erzähler verloren. Dadurch ist es auf den letzten hundert Seiten für mich dann ein bisschen zäh geworden. Der letzte Clou am Schluss hat mir dennoch das Gefühl gegeben, dass es sich gelohnt hat. Wobei ich auch hier erwähnen will, dass die Beschreibung der On-off-Liebe gegen Ende und der verzweifelte Versuch, im Alter noch mal Liebe in der Jugend zu finden, ebenfalls gute Varianten des großen Themas sind. Es macht also durchaus Sinn, dass die Ruhe, die im Verlauf eines Lebens einkehrt, auch eine Entsprechung im Buch findet. Ich wollte das Werk jedenfalls zu keiner Zeit unbeendet weglegen.

Fazit: Eine poetische Biographie eines Liebenden in all seinen lyrischen Kapriolen und schonungslosen Selbstzweifeln