Rezension

Eine poetische Reise in eine rumänische Familie und die Vergangenheit des Landes

Das Pfauengemälde -

Das Pfauengemälde
von Maria Bidian

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Brief mit zahlreichen Stempeln reißt die junge Ana aus ihrer Lethargie und Verdrängung, die ihr Leben nach dem Tod des geliebten Vaters Nicu vor zwei Jahren prägt.

 

Nicus Lebensaufgabe war es das Unrecht und die damit verbundenen Enteignungen im kommunistischen Rumänien, die der Familie angetan wurden, anerkannt zu wissen und das Eigentum der Familie zurückzuerhalten. Prominent sind dabei nicht nur Immobilien sondern auch ein Gemälde, dass ihn seit seiner Kindheit geprägt und tief beeindruckt hat - das Pfauengemälde. Dieses soll mit der Restitution des Familienhauses, dem finalen Gerichtsurteil von dem der Brief berichtet, nun an Ana gehen. 

 

Eher widerwillig macht sich Ana auf den Weg nach Rumänien und damit auch in das Leben ihres verstorbenen Vaters, der Erinnerung an ihre Zeit dort mit ihm, zu ihrer großen Familie und nicht zuletzt auch einem entscheidenden Teil in sich selbst.

 

Mit viel Liebe und Feingefühl beschreibt die Autorin die Eigenheiten und Gepflogenheiten des Landes, seine Architektur und ganz besonders die Menschen. So legt die Autorin die Lebensrealität und die erstaunliche Anpassung der Menschen an diese offen, beschreibt die wechselvolle und oft schmerzhafte Geschichte des Landes und welche Auswirkungen diese auf Anas Familie und Vorfahren hatte. Anas große, zuweilen liebenswert verrückte Familie mit Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen, ist wundervoll porträtiert und jedes Mitglied zeigt einen Weg wie ein Individuum mit den äußeren Umständen umgehen kann und oft schlicht muss, aber auch wie eine ganze Familie durch diese getrennt werden kann. 

 

In den Erinnerungen Anas an ihren Vater und das Leben mit ihm, thematisiert die Autorin auch immer wieder die Hürden und fehlende Anerkennung, die er trotzt Promotion in Deutschland, erfahren hat. Für die komplexe und bewegte Geschichte des Vaters, und damit auch Anas, war in der normierten deutschen Mehrheitsgesellschaft kein Platz. Dieses Leben im Dazwischen fern der alten Heimat, in der ihm und der Familie so viel Unrecht und Leid angetan wurde, und dem gewählten Exil in Deutschland mit seiner eigenen kleinen Familie, jedoch trotzdem seltsam fremd, ist etwas, das oft unbewusst auch Anas Leben mitbestimmt hat. Eben dieser Zerrissenheit stellt sie sich auf ihrer Reise, die so viel mehr werden wird als die Abholung eines Bildes.

 

In Ana mischen sich so viele Emotionen, denen zu stellen sie sich lange nicht gewagt hat, Trauer über den Vater, Scham, darüber dass sie ihre rumänische Seite und damit die Geschichte ihres Vaters so lange verdrängt hat, aber auch Verbundenheit, die sie im Kreise ihrer Familie und dem Heimatland ihres Vaters fühlt.

 

Der Inhalt eines Briefs und seine Folgen bringen Ana so letztlich nicht nur zum rumänischen Teil ihrer Familie, sondern auch näher an ihren Vater und damit auch sich selbst.

 

Besonders macht diesen Roman insbesondere auch seine Sprache. Langsam, sensibel und mit dem Fokus auf Zwischentöne entwickelt Bidian die Geschichte Anas und ihrer Familie. So entstehen teilweise wunderschöne poetische Bilder, in denen sich die Autorin jedoch für meinen Geschmack auch manchmal verliert, dies zu Lasten der eigentlichen Handlung. 

 

Ein vielversprechendes Debüt, das mich schon freudig weitere Werke der Autorin erwarten lässt!