Rezension

Eine zweite Chance für die Liebe

Die Liebe ist ein schlechter Verlierer - Katie Marsh

Die Liebe ist ein schlechter Verlierer
von Katie Marsh

Bewertet mit 4.5 Sternen

Berührend und doch nicht kitschig: die wunderschöne Geschichte einer zweiten Chance für die Liebe

Inhalt

Hannah will Tom verlassen. Tom, den sie vor fünf Jahren geheiratet hat, der jedoch nicht mehr derselbe ist. Aus ihrem liebevollen Ehemann ist ein gestresster Workaholic geworden, der sie, wenn er überhaupt mit ihr redet, nur anschreit und Ihr Vorwürfe macht. Heute will sie es ihm sagen und im Sommer dann mit ihrer besten Freundin Steph ein Jahr nach Tansania gehen, wie es schon immer ihr Traum war.
Doch dann kommt alles anders: Tom hat einen Schlaganfall und kann nicht mehr richtig laufen und greifen. Jetzt kann Hannah ihn einfach nicht verlassen; sie muss bei ihm bleiben.
Doch können die beiden sich noch einmal zusammenraufen? Ist es richtig, dass Hannah wieder einmal ihre Bedürfnisse hinter die ihres Mannes stellt?

Meinung

Schlaganfälle - eine Tragödie, von der ich bisher dachte, sie würde eher ältere Menschen treffen. Katie Marsh hat mir mit ihren Roman in dieser Hinsicht die Augen geöffnet. Zusätzlich verbindet sie dieses traurige und interessante Themen mit einem, das sicher schon mehr Leute betrifft: der Liebe und Beziehungen und der Herausforderung, diese trotz Alltagsstress und gegensätzlichen Lebensentwürfen zu erhalten.

Ersterem Thema widmet sich die Autorin, die selbst bereits mit Schlaganfallpatienten gearbeitet hat, auf anschauliche Weise, indem sie Toms langen Kampf und den vielen Frust, unter dem er bei der Genesung leidet, beschreibt und dabei nichts beschönigt und auch zum Ende hin keine plötzliche Wunderheilung erfindet.
Doch auch die Perspektive der Angehörigen bekommt ihren Platz, denn die Geschichte wird größtennteils von Hannah erzählt und berichtet von ihrem Zwiespalt zwischen Mitleid und einem Gefühl der Verantwortung für ihren Mann, andererseits aber auch ihrer Überforderung mit der doppelten Arbeit und ihrem Wunsch nach Freiheit, denn schließlich plante sie kurz vor dem Schlaganfall noch, ihren Mann zu verlassen und in die weite Welt hinauszuziehen.
In dieser Hinsicht ist "Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" ein sehr ehrliches Buch.

Sehr gefühlvoll und berührend vermittelt werden auch die Umstände rund um Hannah und Toms Ehekrise. Vor dem Schlaganfall hatten beide sich kaum noch etwas zu sagen, stritten sich häufig und waren todunglücklich. Toms plötzliche körperliche Eingeschränktheit zwingt sie, wieder mehr Zeit mit einander zu verbringen, und führt gleichzeitig dazu, dass sie ihre Beziehung und ihr Verhalten in der Vergangenheit noch einmal reflektieren.
Dazu gibt es nach jedem Kapitel, in denen der personale Erzähler in der 3. Person Einblick in Hannahs Gedanken und Gefühle gibt, ein Kapitel aus Toms Sicht. Diese Kapitel beginnen im Jahr, in dem die beiden sich kennengelernt haben, und liefern einen Überblick über ihre Beziehung bis hin zur Gegenwart. So erfährt man sowohl aus ihrer als auch aus seiner Sicht, wie die beiden sich auseinanderlebt haben, und bemerkt, dass ihre Krise vielfach nur aus Missverständnissen und der Unfähigkeit, mit dem anderen zu reden und sich ihm zu öffnen, entstanden ist. Auf diese Weise sind Hannah und Tom auch eine gute Warnung für den Leser, denn sie lehren einen, dass jede erfolgreiche Beziehung auf Kommunikation basiert.
Mitzuverfolgen, wie die beiden um ihre verloren geglaubte Liebe kämpfen ist nicht zuletzt wegen des einfühlsamen Schreibstils sehr berührend und nimmt einen als Leser mit.
Auch was diesen Konflikt betrifft wählt Katie Marsh ein zufriedenstellendes und doch nicht zu kitschiges Ende aus.

Doch noch ein anderes Thema kommt besonders in den Rückblicken vor: Toms Familie und insbesondere seine Beziehung zu seiner Schwester Julie: früher ein kleiner Sonnenschein, später eine schwierige junge Frau, die in ihrem Leben viel zu kämpfen hatte.
Julie ist eine sehr interessante und konfliktreiche Figur, die zu ihrem Bruder in einem zwiespältigen Verhältnis stehmt- eine weitere Folge von Toms Ehrgeiz, was seine Karriere betrifft. Ihr interessanter Charakter wird dem Leser geschickt nahegebracht, auch wenn die Geschichte nie aus ihrer Perspektive erzählt wird.
Leider war für mich ihre Wandlung zum Ende des Buches hin nicht ganz so gut nachzuvollziehen wie Hannahs und Toms. Sie wirkte in meinen Augen etwas zu kitschig.

Zum Schluss möchte ich an dieser Stelle noch anmerken, dass mir der deutsche Titel sehr gut gefällt, vor allem im Vergleich zum Originaltitel, der mit "My Everything" (ein Zitat aus dem Buch, "mein ein und alles") doch eher nichtssagend und kitschig klingt, während "Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" eine sehr süße Formulierung der Aussage des Buches ist: Manchmal muss man der Liebe einfach noch mal eine zweite Chance geben, denn sie ist stärker, als man denkt.

Fazit

"Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" ist ein sehr berührender und einfühlsam erzählter Roman über das Leben nach einem Schlaganfall, der sich auch liebevoll dem Thema Beziehungen und Ehekrisen widmet. Durch die zwei Perspektiven lernt man beide Hauptfiguren kennen und kann ihre Handlungen Stück für Stück für nachvollziehen.
Besonders gefallen hat mir, dass die Autorin nichts beschönigt und kein zu kitschiges Ende gewählt hat. Ich vergebe 4,5 Sterne.