Rezension

Gewöhnungsbedürftig und langatmig

Die unterirdische Sonne
von Friedrich Ani

INHALT

"Am Rand der Nacht, in der Stille der Nacht alleinEine Insel. Ein Haus. Ein Keller. Fünf Jugendliche, die mit Gewalt darin festgehalten werden. Kein Tageslicht. Und täglich wird einer von ihnen nach oben geholt. Doch niemand spricht über das, was dort geschieht. Denn wer spricht, stirbt, bekommen sie gesagt. Die Lage scheint aussichtlos, und Angst, Wut, Schmerz, Verzweiflung und Sehnsucht lassen die Jugendlichen beinahe verrückt werden. Doch nichts kann sie retten vor den schrecklichen Dingen, die geschehen. Bis ein neuer Junge zu ihnen gebracht wird, der nicht bereit ist, die Gewalt zu akzeptieren."Quelle cbt

MEINE MEINUNG

Diese Rezension fällt mir irgendwie schwer. Ich habe Die unterirdische Sonne relativ schnell gelesen und erst gestern beendet und trotzdem ist nicht viel hängen geblieben. Vielleicht fange ich damit an, dass der Klappentext möglicherweise falsche Erwartungen weckt. Ich dachte bei "Jugendliche" an Menschen, die um die 16 Jahre alt sind und bei der Beschreibung dachte ich an eine Art Thriller. Beides ist nicht der Fall. Es handelt sich bei den gefangenen Jugendlichen größtenteils um Kinder ab 11 Jahren. Trotzdem ist dies gewiss kein Kinderbuch, auf dem Klappentext steht sogar der Hinweis "Empfohlenes Lesealter ab 16 Jahren". 

Was mich etwas gestört hat und was wohl auch der Grund dafür ist, dass nichts hängen geblieben ist, ist die Stagnation des Plots. Oder anders ausgedrückt: es passiert einfach nichts. Natürlich gibt es leichte Veränderungen in der Denkweise der Figuren, aber da muss man schon ziemlich genau hinschauen. Eigentlich bleibt das Level der Verzweiflung immer sehr ähnlich, es gibt keinen klar erkennbaren Punkt, an dem sich etwas Grundlegendes ändert. Mal denken sie an Selbstmord, mal lassen sie wieder alles willenlos über sich ergehen, dann denken sie wieder darüber nach, alles zu beenden. Die Selbstmordgedanken werden gegen Ende stärker, aber es sind alles sehr kleine, kaum wahrnehmbare Veränderungen. Sie Handlung spielt an einem Ort und die einzige, kurzfristige Abwechslung bietet Noah. 

Für meinen Geschmack war alles etwas zu lang gezogen. Vielleicht kommt das Gefühl daher, da nichts ausgesprochen wird. Wir Leser erfahren nie wirklich, was mit den Kindern geschieht, wenn sie nach oben geholt werden. Natürlich denkt man sofort an Missbrauch und am Ende wird angedeutet, dass es auch so war. Zwischendurch lassen die Kinder mal Begriffe wie "Kamera" fallen, aber mehr erfährt man von ihnen nicht. Ihre eigene Vergangenheit geben sie nicht direkt preis, sondern verpacken sie in ein Märchen, damit die Erwachsenen sie nicht bestrafen können. Man kann nur raten und erahnen, was wirklich passiert, indem man zwischen den Zeilen liest. 

Gerade weil nicht viel Handlung erzählt wird, ist es wichtig, gut unterscheidbare Figuren zu haben. Protagonisten, in die man sich hineinversetzen kann, mit denen man die Geschichte zusammen erlebt. Das ist hier leider nicht gegeben. Die Figuren sind nicht nur unheimlich blass und kaum zu unterscheiden, es besteht auch immer eine gewaltige Distanz zum Leser. Vielleicht ist das Absicht, gefallen hat es mir trotzdem nicht. 

Leider nicht gefallen hat mir das Ende. Nicht, weil es trostlos und bedrückend ist, sondern weil ich es als unlogisch empfand, dass alle Kinder so entschieden haben. Dass sie alle damit einverstanden waren und es keines gab, das sich nach seiner Familie gesehnt hat. Gerade bei den Jüngsten kann ich mir das nur schwer vorstellen. Hier hätte es eine Möglichkeit gegeben, den Figuren etwas mehr Eigenleben zu geben, die leider nicht genutzt wurde. 

Die Geschichte ist nicht schlecht, aber in Bezug auf das, was geschildert wird und wie es erzählt wird, fehlt einfach die emotionale Tiefe. Es kommen überhaupt keine Gefühle beim Leser an, keine Atmosphäre. Dafür ist die Distanz, die aufgebaut wurde, viel zu groß. Es ist schade, dass man beim Lesen so gar keinen Bezug zu den Kindern und ihren Schicksalen bekommt, denn dann hätte mich die Geschichte sicherlich umgehauen. 

Die Geschichte erzählt von den schrecklichen Schicksalen der Kinder und dass es sie so sehr verändert hat, dass ein normales Leben unvorstellbar wird. Sie macht nachdenklich, weil die Kinder nicht von der Polizei gefunden werden und öffnet die Augen, wie grausam Erwachsene sein können und wie lange sie mit ihren perversen Machenschaften durchkommen. Es ist eine nachdenkliche Lektüre, die man nicht mal eben liest. Sie ist kein spannender Roman oder Thriller, aber das soll sie wohl auch nicht sein. Sie soll die Augen öffnen für das, was in der Welt geschieht. 

3 von 5 Punkten

Cover 1 Punkt, Idee 1 Punkt, Plot 0 Punkte, Figuren 1/2 Punkt, Sprache 1/2 Punkt

~*~ cbt ~*~ 334 Seiten ~*~ ISBN: 978-3-570-16261-3 ~*~ Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag ~*~ 16,99€ ~*~ 24. Februar 2014 ~*~