Rezension

Unterirdisch mit wenigen Sonnenstrahlen

Die unterirdische Sonne
von Friedrich Ani

Bewertet mit 2 Sternen

»Die unterirdische Sonne« war eine Zufallsentdeckung in der Buchhandlung. Das Cover und der Titel machten mich neugierig und der Klappentext klang nach Spannung und tiefen Abgründen. Am Ende habe ich mir tatsächlich einen tiefen Abgrund gewünscht – um das Buch darin verschwinden zu lassen.

Die Geschichte spielt sich hauptsächlich in dem Kellerraum ab, in dem die Jugendlichen – oder Kinder, der Jüngste ist gerade mal elf Jahre alt – gefangen gehalten werden. Als Leser kann man nur verfolgen, was die Kinder tun oder nicht tun und bekommt hin und wieder einen Einblick in die Gedankenwelten des einen oder anderen. Man bekommt mit, dass alle fünf Angst davor haben, nach ›oben‹ geholt zu werden. Über das, was dort oben passiert, kann man nur spekulieren.

Normalerweise habe ich kein Problem damit, wenn eine Geschichte Dinge bewusst nicht zeigt, um dem Leser Raum für die eigene Fantasie zu lassen oder um Gewalt einfach nicht deutlicher darzustellen als nötig. In den meisten Romanen finde ich diesen Kniff sogar sehr gut und interessant – aber dann muss mir der Rest der Geschichte etwas bieten können. Und das konnte Friedrich Anis Roman leider überhaupt nicht.

Es passiert einfach nichts. Das heißt: Den Kindern passiert sicherlich eine ganz Menge. Nur kommt das beim Leser nicht an. Die Spannung und die emotionale Dramatik, die der Klappentext andeutet und die ich bei einem solchen Thema vorausgesetzt hätte, waren nicht vorhanden. So reichte ›der Rest‹ für mich einfach nicht aus, um das Nicht-Erzählte zu kompensieren oder zu unterstreichen. Von der Verzweiflung und Zerrissenheit der Jugendlichen konnte ich nicht viel spüren. Viel mehr kamen sie mir allesamt leer vor, wie hohle Puppen, die man beliebig hätte austauschen können. Das mag sich vielleicht mit ihrer Gefangenschaft und den schlimmen Erlebnissen begründen lassen, hat mich als Leser in gleich fünffacher Ausführung aber furchtbar gelangweilt.

Überhaupt waren mir alle Protagonisten völlig unsympathisch oder – im besten Fall – gleichgültig. Jeder der Jugendlichen hat seine Vergangenheit, die zwischendurch immer mal kurz angerissen wird, aber sie wurden für mich nicht lebendig und konnten mich nicht erreichen. Wenn Gefühle vorhanden waren, kamen sie nicht bei mir an. So war es für mich unmöglich, mit den Kindern zu fühlen oder mitzuleiden, was aber auch an der Art liegt, wie die Geschichte erzählt wird: Sobald einer der Jugendlichen nach oben geholt wird, verschwindet er mehr oder weniger aus der Geschichte. Die Handlung fokussiert sich währenddessen auf die anderen Jugendlichen im Keller und irgendwann taucht der Fehlende dann wieder auf. So plätschert die Handlung vor sich hin und erstickte bei mir jedes Mitfiebern im Keim. Die größte Pleite war für mich schließlich Noah, der dem Klappentext nach die große Wendung bringen soll. Allerdings blieb er von allen am blassesten und brachte die Geschichte auch nicht in Gang.

In der Mitte des Buches beginnen die Jugendlichen damit, sich gegenseitig ausgedachte Märchen zu erzählen. Da jeder einzelne eine eigene (ziemlich lange) Geschichte erzählen muss, zieht sich das Ganze über einige Seiten und passt überhaupt nicht zum Rest – und das war meiner Meinung nach noch der interessanteste Teil des Romans. Der Rest wirkte auf mich sehr distanziert und fern. Das Ende, das dann nicht nur plötzlich gehetzt, sondern auch völlig unrealistisch und unpassend anmutet, während es absolut nichts erklärt, tut sein Übriges.

Auch mit dem Schreibstil hatte ich meine Probleme und würde ihn bestenfalls als ›merkwürdig‹ bezeichnen. Zwar lässt sich das Buch leicht und damit relativ schnell lesen (was der einzige Grund ist, weshalb es von mir noch zwei Sterne bekommt), aber immer wieder benutzen die Kinder komische Ausdrücke oder alberne Sprüche wie »Egal, Schwester Regal«, die so unpassend wirken, dass ich beim Lesen jedes Mal darüber gestolpert bin. Andere Worte, wie »putzelig« oder Leons »Traumsach« wirken ebenfalls fehl am Platz. Auch sprachlich konnte mich das Buch damit nicht überzeugen.

FAZIT

Friedrich Ani behandelt in »Die unterirdische Sonne« ein wichtiges Thema, aber leider auf so ermüdende und unbefriedigende Weise, dass mich das Buch weder fesseln noch berühren konnte.