Rezension

Gut Ding will Weile haben

Die sieben Monde des Maali Almeida -

Die sieben Monde des Maali Almeida
von Shehan Karunatilaka

Das Leben nach dem Tod ist keine einfache Angelegenheit. Das muss auch Maali Almeida schmerzlich erkennen, nachdem er sich frisch ermordet und ohne jede Erinnerung im Chaos des überlaufenen Vorzimmers zur Nachwelt wiederfindet. Im bürgerkriegsgebeutelten Sri Lanka Anfang der Neunzigerjahre ist Maali nur eine von unzähligen Seelen, die vor die Entscheidung gestellt werden ihr altes Leben loszulassen, oder das Land, das ihnen so viel Unrecht angetan hat, als Geist heimzusuchen. Doch wie kann er diese Entscheidung zu treffen, ohne zu wissen, was er als Maali in dieser Welt zurücklässt? Er muss herausfinden wer ihn ermordet hat und warum, ehe seine Seele sich einem neuen Weg zuwenden kann. Leider hat er sich als schwuler Kriegsfotograf und Spielsüchtiger nur allzu viele Feinde gemacht, die Liste der Verdächtigen ist also lang und ihm bleiben nur sieben Monde Zeit, um die Zwischenwelt hinter sich zu lassen.

Shehan Karunatilaka hat mit seinem Roman „Die sieben Monde des Maali Almeida“ sein erzählerisches Können auf ganz außergewöhnliche Weise in Form gebracht. Zu Anfang war ich etwas unsicher ob mir die Geschichte zusagt, beginnt sie mit einem doch sehr konfusen und überwältigenden ersten Kapitel, aber Seite für Seite hat mich der Autor mit seiner komplexen und schillernden Version einer Nachwelt eingenommen. Auf enorm kreative Weise verknüpft er buddhistische, hinduistische und andere Glaubensvorstellungen mit einer beinahe komischen bürokratischen Struktur die genauso greifbar, wie unbegreiflich wirkt.

Erzählt wird das Ganze in der 2. Person, man kann also sagen Maali erzählt sich selbst seine eigene Geschichte und wir dürfen ihm dabei zuhören. Das ist zuweilen etwas irritierend, aber wenn man sich auf die Erzählperspektive einlassen kann, wird es ganz schnell zu einer besonderen Leseerfahrung.
Der Protagonist beschreibt dabei eine ausgesprochen düstere Welt, die er zurückgelassen hat, in der Leichen in Seen entsorgt werden und Folter zur Tagesordnung gehört, in der es nichts Ungewöhnliches ist, wenn Menschen einfach verschwinden und Korruption den Alltag bestimmt. Dennoch gelingt es Karunatilaka trotz der Schwere der Thematik und den vielen düsteren Szenen die Geschichte mit sardonischem Witz und Sensibilität in eine leichtere Ebene zu heben.

Fairerweise muss man sagen, dass „Die sieben Monde des Maali Almeida“ kein Buch für Zwischendurch ist. Es fordert Zeit, Geduld und ungeteilte Aufmerksamkeit, aber wer Willens ist dran zu bleiben, wird mit einem tollen Ende der Reise belohnt. Für mich gehört das Buch zu den außergewöhnlichsten Romanen, die ich dieses Jahr gelesen habe.