Rezension

Gut recherchiert und dargestellt - dunkles Kapitel der Psychiatrie

Die dunklen Mauern von Willard State - Ellen Marie Wiseman

Die dunklen Mauern von Willard State
von Ellen Marie Wiseman

Bewertet mit 4 Sternen

Spannende Lektüre. Gänsehaut garantiert. Einmal begonnen, konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen.

1995: 10 Jahre ist es her, dass Izzy's Mutter ihren Vater im Schlaf erschossen hat und für die damals 7jährige ihre Welt zusammenbrach. Seitdem hat sie die meiste Zeit in Pflegefamilien verbracht und scheint erst jetzt kurz vor ihrem 18. Geburtstag endlich Glück zu haben und in einer Familie zu sein, die sich wirklich um sie kümmert. Dafür hilft Izzy ihrer Pflegemutter dabei die Inhalte der gefundenen Koffer von Patienten aus einer ehemaligen Psychatrie zu katalogisieren. Dabei stößt sie auf das Tagebuch von Clara, die 1929 in die Williard Psychiatrie eingeliefert wurde. Das Schicksal von Clara berührt Izzy so, dass sie anfängt weiter zu recherchieren und sich dabei auch den Dämonen ihrer eigenen Vergangenheit stellt.

Das Buch wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Zum einen ist da die Zeitebene von Izzy im Jahre 1995 und zum anderen wird die Geschichte von Clara beginnend 1929 geschildert. Ich muss gestehen, dass mir die Ebene von Clara, obwohl sie wirklich sehr gruselig war, besser gefallen hat, als der Erzählstrang von Izzy. Izzy hat definitiv kein leichtes Leben, aber dass dann auch noch ein Alptraum von Highschool dargestellt werden muss, war für mich einfach zu viel des Guten. Klar ist es nie einfach als Neue auf eine Schule zu kommen, aber was an dieser Schule stattfindet, fand ich dann doch richtig heftig und für mich eigentlich völlig unnötig, da diese Inhalte am Ende auch gar nicht mehr richtig erwähnt werden.

Die Geschichte von Clara hingegen hat mich komplett in ihren Bann gezogen und ich war sehr entsetzt darüber, was der armen Frau angetan wurde. Dank dem Nachwort ist ersichtlich, dass sich die Autorin die Umstände und Behandlungsmethoden in der Psychiatrie zu der Zeit nicht ausgedacht hat, sondern das wirklich gang und gäbe war. Noch schlimmer ist, dass zu der Zeit sehr viele Mädchen und Frauen das Schicksal ereilte, dass sie gegen ihren Willen in so eine Anstalt eingewiesen wurden und dann oft nie wieder von dort weggekommen sind. Schrecklich zu lesen, wie menschenverachtend das System war und wie wenig Chancen eine einmal eingewiesene Person, vorwiegend Frauen, hatte.

Was mir gut gefallen hat, ist, dass sowohl Izzy, als auch Clara zwei sehr starke Persönlichkeiten sind und sich so schnell nicht unterkriegen lassen. Gerade auch Clara kämpft bis zum Schluss und auch wenn sie mir manchmal zu gutgläubig war, habe ich sie doch sehr für ihren Mut und ihre Willenskraft bewundert. Trotz aller schrecklichen Dinge, die ihr angetan worden sind, hat sie nie die Hoffnung aufgegeben und sich nie brechen lassen. Auch Izzy lässt sich trotz übelster Schikane der Mitschüler nicht unterkriegen und erkennt schließlich auch noch, was es mit ihrer Vergangenheit wirklich auf sich hat.

Auch wenn für mich einige Wendungen oft vorhersehbar waren, habe ich das Buch sehr gerne gelesen und konnte es einmal begonnen kaum noch aus der Hand legen. Die Autorin versteht es sehr gut, gerade auch die Atmosphäre von Williard gut darzustellen und mir standen öfters die Haare zu Berge angesichts der Dinge, die ich da lesen musste.

Alles in allem eine tolle Lektüre mit ein paar kleinen Schwächen, aber trotzdem ein Buch, dass ich auf jeden Fall weiter empfehlen kann. Dafür gibt es vier Sterne.