Rezension

Guter Roman über Eheprobleme und jüdische Identität

Juli, August, September -

Juli, August, September
von Olga Grjasnowa

Bewertet mit 3.5 Sternen

Guter Roman über Eheprobleme und jüdische Identität

Lou und Sergej stammen aus der Sowjetunion, leben mittlerweile in Berlin und sind beide jüdisch. Doch was bedeutet es heutzutage eigentlich jüdisch zu sein und vor allem wenn man als Jude in Deutschland lebt? Diese Frage wird umso relevanter für Lou und Sergej als ihre Tochter größer wird und sie vor der Frage stehen, wie sie ihrer fünfjährigen Tochter die Shoah begreiflich machen sollen ohne dass diese davon verstört wird. Mit der Zeit werden auch die Schwierigkeiten in Lous und Sergejs Ehe immer deutlicher. Während Lou nach Costa Rica zu einem Familientreffen reist, versucht Sergej alles, um an seine Erfolge als Pianist anzuknüpfen. Als Lou sich dann mit dem, was sie auf Gran Canaria erfahren hat, mit Sergej auseinandersetzen will, hat dieser keine Zeit für sie. Da er für eine Reportage mit einer Journalistin herumreist, ist für Lou gleich klar, dass er sie betrügt. Um mehr über ihre eigene Familiengeschichte herauszufinden, reist sie schließlich nach Tel Aviv. Ob Lou und Sergej es schaffen können, trotz ihrer Entfremdung und Meinungsverschiedenheiten, wieder zueinander zu finden, müsst ihr selber lesen. 

Olga Grjasnowa setzt sich in ihrem neuen Werk intensiv damit auseinander, wie sich zwei Menschen entfremden können. Lous und Sergejs Auseinanderleben beginnt zunächst klein mit Meinungsverschiedenheit bezüglich der Erziehung ihrer Tochter und wird mit der Zeit immer gravierender bis Lou ihrem Mann nicht mehr vertraut. Der Roman setzt sich auch mit jüdischer Identität auseinander. Auf Gran Canaria erfahren wir dann auch, welche harte Vergangenheit Lous Mutter in der Sowjetunion erlebt hat. Der ganze Roman ist aus Lous Perspektive geschrieben, weswegen man schnell einen Zugang zu ihr findet. Doch auch die anderen Personen haben alle prägende Charaktereigenschaften, weswegen man sie gut auseinanderhalten kann. Grjasnowas Schreibstil ist sehr pointiert und eindringlich. Dadurch werden die angesprochenen Themen sehr präzise auf den Punkt gebracht. Einzigen Kritikpunkt den ich habe, ist dass ich mir eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der jüdischen Identität gewünscht hätte. In der Hinsicht hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, dass der Fokus hierauf etwas verloren ging. 

Insgesamt ein guter Roman, von dem ich mir aber eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der jüdischen Identität gewünscht hätte.