Rezension

Hat mich nicht ganz überzeugt

Annette, ein Heldinnenepos - Anne Weber

Annette, ein Heldinnenepos
von Anne Weber

Bewertet mit 3 Sternen

Dieses Buch ist ein Auszug aus dem bewegten Leben der Anne Beaumanoir, die alle Welt Annette nennt.

 

Annette, die außerhalb Frankreichs (bis jetzt) völlig unbekannt ist, wird 1923 als Kind eines sozialistisch eingestellten Gastwirtehepaares in der Bretagne geboren. Die links Gesinnung der Eltern färbt ab und deshalb schließt sie sich recht früh der Résistance an und versteckt zwei jüdische Kinder. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird sie ihr Medizinstudium abschließen, heiraten und drei Kinder bekommen. Später wird sie ihre Familie verlassen und sich für die Unabhängigkeit Algerien von Frankreich engagieren. Dafür wird sie Frankreich zu zehn Jahren Haft verurteilt, vor deren Vollzug sie sich durch Flucht entzieht.

 

Das Buch, das in einer unüblichen Schreibweise, eben als nicht reimendes Versmaß daherkommt, ist dann recht flott zu Ende. Das hat mich ein wenig gestört. Um die Persönlichkeit der Anne Beaumanoir besser darzustellen, wäre es in meinen Augen notwendig, eine lückenlose Biografie zu verfassen, denn viele Facetten ihres langen Lebens bleiben offen. Immerhin ist Anne Beaumanoir eine - unter ihren Berufskollegen - anerkannte und geschätzte Wissenschaftlerin. Diese Jahre werden einfach nicht beleuchtet. Schade!

 

Gut gefällt mir, dass die Autorin interessante Fragen stellt. Nicht immer werden sie befriedigend beantwortet. Ist Annette eine Terroristin, weil sie sich gegen ein (Unrechts)Regime stellt oder ist sie genau deswegen eine Heldin? Im Fall ihres Engagements gegen Nazi-Deutschland ist man geneigt, mit einem lauten „natürlich eine Heldin“ zu antworten. Doch wie steht es damit im Algerienkrieg? Hier wie dort ist es eine Frage des Blickwinkels. Dass sie sich der Verbüßung der Haft durch Flucht entzieht, kratzt ein wenig am Heldenmythos. Wahre Helden gehen für ihre Gesinnung auch ins Gefängnis, manche in den Tod, oder?

 

Fazit:

 

Dieses Buch wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2020 ausgezeichnet und sticht aufgrund seines ungewöhnlichen Formats aus der Fülle der Kandidaten heraus. Ich hätte mir eine echte Biografie der Anne Beaumanoir gewünscht. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Ganz hat mich dieses Buch nicht überzeugt, daher gibt es nur 3 Sterne.