Rezension

Hauptfigur und ihr sozialen Beziehungen im Fokus

Mein schrecklich schönes Leben -

Mein schrecklich schönes Leben
von Holly Smale

Bewertet mit 4 Sternen

 

»Zeit ist zerbrechlich. Jeder Besenstrich kann Konsequenzen nach sich ziehen.«

Die 31-jährige Cassandra scheint vom Pech verfolgt. Ihr Job und ihr Freund Will gehören der Vergangenheit an und alles an einem Tag. Keiner in ihrem Umfeld scheint sie zu mögen, ihre Beziehungen halten nicht lange und Cassandra fragt sich, was sie so unsympathisch macht, dass sie unfreiwillig in einer WG leben muss und ihr Notfallkontakt ihre Friseurin ist. Dann schlägt das Schicksal zu und Cassandra erlebt nicht nur den selben Tag, sie beherrscht sogar die Fähigkeit, beliebig in der Zeit zu reisen. Das verleitet natürlich direkt zu korrigieren - was nicht gutgehen kann. Sie versucht herauszufinden, was schief gelaufen ist, um ihren Ex-Freund Will zurückzugewinnen. Aus der Ich-Perspektive geschrieben, ist dieses Leseerlebnis sehr emotional und interessant. Denn Cassandra hat ihre Schwierigkeiten mit sozialen Interaktionen. Small Talk fällt ihr schwer und schon immer sagen die Leute über sie, sie sei schräg und speziell. Dabei weiß sie nur nicht, wie sie auf andere reagieren soll. Was ihr dabei für Gedanken und Gefühle kommen, war authentisch und gut nachvollziehbar. Ihr enormes Gedächtnis ist faszinierend und ihre Zwangshandlungen, sensibilisieren für Menschen, die anders denken und handeln, als man es gewohnt ist. Mehr möchte ich gar nicht verraten, weil sich vieles erst später offenbart. Man lernt Cassandras Persönlichkeit immer besser verstehen. Nach und nach zeigt sich, wer sie wirklich ist, wie sie auf andere wirkt und welches große Geheimnis sie hat. Diese Entwicklung mitzuerleben, hatte einen emotionalen Unterhaltungsfaktor, genauso wie ihre vielen Vergleiche mit dem antiken Griechenland. Mit vierhundert Seiten ist die Story sehr ausführlich beschrieben. Da der Fokus des Buches sehr konzentriert auf Cassandra ist, hat sich der Roman für mich ein bisschen zu lang angefühlt, dafür war ihre persönliche Entwicklung aber realistisch dargestellt, es gab einige Überraschungen und eine schöne Botschaft.

Im Kern geht es es Selbstfindung, Persönlichkeitsentwicklung und den Mut, sich zu zeigen, wie man ist, gerade wenn man anders wahrgenommen wird. Holly Smale packt diese Themen in etwas Übernatürliches und driftet immer wieder in einen selbstironisch, komödiantischen Erzählton ab, sodass ich häufig schmunzeln musste. Ein leichtfüssig erzählter Roman, mit angenehmer Tiefgründigkeit und authentischer Hauptfigur. Sehr lesenswert, lernenswert und empfehlenswert.