Rezension

Hoffnung ist ein Licht in dunkler Nacht

Tage des Lichts - Ulrike Renk

Tage des Lichts
von Ulrike Renk

Bewertet mit 5 Sternen

1939. Während der Krieg kurz bevor steht, hat die Jüdin Ruth Meyer mit Einfallsreichtum einen Job als Dienstmädchen in Frinton-on-Sea bei der Familie Sanderson auf deren Hof ergattert und hofft, dass  ihre Familie bald nach England kommen kann, denn die dafür nötigen Papiere hat sie inzwischen alle besorgt. Die Verlegung ihres Vaters nach Dachau bringt neue Probleme mit sich, doch Ruth kämpft sich durch und kann in letzter Minute alles regeln. Während die Sandersons ihre eigenen Probleme haben, die auch auf den Alltag von Ruth abfärben, macht England Deutschland eine Kriegserklärung, und die Situation spitzt sich zu. Nun hofft Ruth, dass sie mit ihrer Familie nach Amerika übersiedeln kann, aber die Zeit wird knapp und immer wieder werden ihnen allen Steine in den Weg gelegt…

Ulrike Renk hat mit „Tage des Lichts“ den dritten Band ihrer Seidenstadt-Saga vorgelegt, der sich nahtlos an den Vorgänger anschließt und das Leben von Ruth Meyer und ihrer Familie wieder lebendig werden lässt, handelt es sich doch hier um eine auf Tatsachen beruhende Romanserie. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und farbenfroh, der Autorin gelingt es erneut, den Leser schnell an die Seiten zu fesseln, um Ruth in dieser für sie schicksalhaften Zeit wie ein Schatten zu folgen und ihre Sorgen und Nöte mit ihr zu teilen, während die Welt aus den Angeln gehoben wird. Die akribische Recherche der Autorin ist eine echte Bereicherung für die Handlung, denn während man der Lektüre folgt, hat man als Leser immer im Hinterkopf, dass es diese Menschen wirklich gegeben hat und was sie alles durchmachen mussten. Zudem wurde der geschichtliche Hintergrund wunderbar mit der Handlung verknüpft, so dass man neben der politischen Lage auch die gesellschaftlichen Entwicklungen miterlebt. Der Leser watet durch ein Meer an Emotionen, denn nicht nur das Schicksal der Familie Meyer geht ans Herz, auch die Kriegsumstände liegen einem während der Lektüre im Magen, weiß man doch nicht nur durch den Geschichtsunterricht, was mit den Menschen damals passiert ist.

Die Charaktere haben sich weiterentwickelt und wirken lebendig und realitätsnah. Gerade, weil es sich hier um die Geschichte einer realen Familie handelt, deren wahre Geschichte mit fiktiven Elementen verbunden wurde, kommt der Leser den Protagonisten so nah wie nur möglich und fiebert mit ihnen, ob sie es alle schaffen werden. Ruth hat sich von einem doch eher verwöhnten jungen Ding zu einer starken, mutigen Frau gemausert, die die Ärmel hochkrempelt und für die kämpft, die ihr wichtig sind. Sie ist sich für nichts zu schade, versucht durch harte Arbeit ihre Einsamkeit und ihre Angst zu unterdrücken. Dabei hält sie den Rücken gerade und strahlt nach außen Stärke aus. Olivia ist eine schreckliche Frau, die andere erniedrigt, damit es ihr besser geht. Freddy ist das Gegenteil seiner Frau, hat ein Herz und steht für andere ein. Edith Nebel ist eine Seele von Mensch, selbstlos, hilfsbereit und mit einem großen Herzen ausgestattet. Ebenso können weitere Protagonisten mit ihren Auftritten überzeugen und geben der Geschichte Authentizität.

„Tage des Lichts“ ist eine wunderbare Fortsetzung der Seidenstadt-Saga, der den Leser von Anfang bis Ende in Atem hält und auf eine Achterbahn der Gefühle schickt. Wieder einmal hervorragend erzählt und mit einer absoluten Leseempfehlung ausgestattet!