Rezension

Informativ, aber polemisch

Breaking News - Frank Schätzing

Breaking News
von Frank Schätzing

Erzählkunst geht anders ...

Die Geschichte ist schnell erzählt. Der Superstar Tom Hagen, Auslandsreporter, stets bis ans Limit gehend und darüber hinaus, hat es in Afghanistan überzogen und statt eines Knüllers gibt es ein Fiasko, eine Mitarbeiterin kommt ums Leben, Karriere futsch, Geld futsch, Gewissensbisse betäubt mit Alkohol, posttraumatisches Belastungssyndrom. Der Auftakt ist fulminant, aber dann ...

Der Nahe Osten bleibt das Einsatzgebiet des Protagonisten. Er arbeitet nicht mehr für das Grosse Blatt, sondern für ein Internetportal. Doch er will es noch mal wissen, und diesmal ist Israel sein Einsatzort. Dort trifft er auch seinen einstigen Kameramann wieder und gemeinsam jagen sie nach der einen Story, die sie groß herausbringt, die sich aber einfach nicht auftun will. Warum nicht ein wenig nachhelfen, wenn sonst nichts hilft? Also erfindet Tom Hagen etwas, flunkert, was er kann, um seinen einstigen Auftraggeber an den Haken und ins Boot zu bekommen. Dumm nur, dass er vom israelischen Geheimdienst abgehört wird und die das Ganze für bare Münze nehmen, was die Jagd eröffnet: auf ihn. Soweit, so gut. Diese Art von Verwicklung gehört zu jedem Spionagethriller.

Die Story des Reporters Tom Hagen ist eingebettet in die Zeitgeschichte Israels und insofern besonders und lesenswert, da Hintergrundwissen über den Nahostkonflikt beinahe schmerzfrei vermittelt wird. Leider nur beinahe schmerzfrei, denn die Betrachtungsweise Schätzings ist nicht frei von Polemik, Provokation, Einseitigkeit und Ressentiments. Dennoch bringt Schätzing viele wichtige Information über Israels neuere Geschichte in den Breaking News unter.

Hätte ich nicht vor gefühlten hundert Jahren mit Begeisterung Leon Uris „Exodus“ gelesen, hätte mir Frank Schätzings Buch mehr gefallen. Leon Uris schaffte die Verflechtung von Geschichte und Unterhaltung eben viel besser. Viel besser? Tausendmal besser! Schätzings Protagonisten sind langweilig und vorhersehbar, denn sie sind Rechtfertigungsgrund für die Historie. Doch für Historie braucht es keinen Rechtfertigungsgrund, man könnte ein Sachbuch schreiben. Zwei Beschwernisse dabei: ein Sachbuch erfordert eine gewisse Objektivität, die Schätzing nicht leisten will und es verkauft sich kaum.

Stil und Lesbarkeit mißfielen mir, zu viele Adjektive, zu viele Adjektive, zu viele Adjektive, überladen, unübersichtlich, mühsam. In den Kriegsszenen, in denen ein abgehackter Stil propagiert wird, ist Schätzing überzeugender. Die Romanteile haben mich demgemäß streckenweise gelangweilt. Doch immerhin reicht Schätzings Buch weit in die Neuzeit hinein.

Fazit: Liefert das Buch einen wertvollen Beitrag zum Nahostkonflikt? Ja, dennoch. Es ist informativ, jedoch polemisch. Man lese daher mit aller gebotenen Vorsicht und sollte auf ein ergänzendes Sachbuch zu der Thematik keinesfalls verzichten. Als Thriller dagegen: vergiss es!

3 Sterne maximal.

 

Kommentare

katzenminze kommentierte am 26. Mai 2015 um 19:52

Schätzings Protagonisten sind langweilig und vorhersehbar, denn sie sind Rechtfertigungsgrund für die Historie.

Genau das dachte ich auch! Und ich hab mich erst kanpp bis zur Hälfte gequält... Bisher war die Lesung um Klassen besser als das Buch selbst. Schade.

Emswashed meckerte am 29. November 2017 um 17:13

"Doch für Historie braucht es keinen Rechtfertigungsgrund, man könnte ein Sachbuch schreiben. Zwei Beschwernisse dabei: ein Sachbuch erfordert eine gewissse Objektivität, die Schätzing nicht leisten will..."

Diese Leistung hat Schätzing schon einmel geschafft. Zu seinem Buch "Der Schwarm" brachte er "Nachrichten aus einem unbekannten Universum" heraus. Ich habe letzteres mit wachsender Begeisterung gelesen und würde diesen Weg jederzeit wieder mit ihm gehen, egal zu welchem Thema. Aber Du magst recht haben, Sachbücher sind selten Geldmagnete.

Ich danke Dir für deinen Warnhinweis zum Genuss des Buches und werde den Namen Leon Uris auf einem Notizzettel als Lesezeichen verwenden.

sphere kommentierte am 29. November 2017 um 20:39

"Nachrichten..." habe ich mir damals auch direkt nach der Lektüre von Der Schwarm gekauft, beide gefielen mir sehr gut. Mit Schätzing habe ich dann bei Limit aufgehört; nach der Hälfte habe ich das Buch weggeschleudert, so langweilig fand ich das...Breaking News, da mache ich nun jedesmal einen großen Umweg  :)

wandagreen kommentierte am 29. November 2017 um 18:48

"Der Schwarm" habe ich auch gelesen. Die erste Hälfte ist super. Weltklasse. Die zweite Hälfte, eigentlich der zweite Teil, der nur noch ein Drittel ist, fällt dagegen meiner Meinung nach ziemlich ab. Aber insgesamt habe ich "Der Schwarm" auch sehr gemocht. Ich mochte es, wegen der reichhaltigen Phantasie, die drinsteckte. Das Sachbuch kannte ich bis dato nicht. Kann sein, dass das super ist. Es ist ja nicht so, dass der Herr nicht schreiben könnte - aber auch da - macht es die Masse. Wenn man am Fließband produziert, dann lässt die Qualität notgedrungen nach.