Rezension

Interessantes Thema, aber …

Die Akte Adenauer -

Die Akte Adenauer
von Ralf Langroth

Bewertet mit 2.5 Sternen

Sowohl das Setting der Bonner Republik als auch die angesprochenen Themen versprechen einen sehr interessanten Politthriller. Da geht es zum Beispiel um die Entstehung des BKA, um Machtkämpfe zwischen Amerikanern und Sowjets in den Kindertagen der neuen Demokratie, um Agenten des amerikanischen Militärgeheimdienstes CIC, um Aktivitäten ehemaliger Mitglieder der NS-Organisation ‚Werwolf‘ nach Kriegsende und mehr.⁣

Der Protagonist, Philipp Gerber, ist eigentlich auch vielversprechend. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ist seine Familie in die USA emigriert, er selber hat im Krieg gegen die Nazis gekämpft und wurde als Agent für das CIC angeworben. In dieser Funktion wird er jetzt wieder nach Deutschland geschickt und dort als Kriminalhauptkommissar beim BKA eingesetzt, um den Mord an seinem Vorgänger aufzuklären, der ebenfalls CIC-Agent war.⁣

Die Charaktere konnten mich leider nicht überzeugen, sie kamen mir flach und unglaubwürdig vor. Gerber ist der taffe Superheld, der einerseits hochintelligent sein soll, andererseits jedoch in eine offensichtliche Falle läuft, nur um zeigen zu können, wie er diese Situation dann doch gegen jede Wahrscheinlichkeit übersteht. Manchmal erinnerte er mich etwas an James Bond – da ist ja auch nicht immer alles hundertprozentig glaubhaft.⁣

Dementsprechend sind auch die weiblichen Charaktere geschrieben: die jungen und hübschen finden Gerber offensichtlich alle attraktiv, die anderen sind eher lästige Hindernisse.⁣

Die Heldin der Geschichte ist eigentlich eine starke, unabhängige Frau, für die Zeit erstaunlich emanzipiert – im Ansatz eine sehr interessante Protagonistin. Aber nachdem Gerber und sie sich spontan schockverlieben, obwohl sie noch so gut wie keine Zeit miteinander verbracht haben, muss sie natürlich beschützt werden und sieht ihm auch vorher schon Übergriffigkeiten nach. So hat sie scheinbar nichts dagegen, dass er ihr Auto bereits dreist und selbstverständlich für sich beschlagnahmt, bevor sie überhaupt eine Beziehung begonnen haben.⁣

Das passt nicht zu dieser Frau, die ansonsten wohl eher aufs traditionelle Frauenbild pfeift. Und die Dialoge? Himmel hilf. Das wirkte auf mich alles sehr erzwungen, als hätte jemand dem Autor gesagt, das Buch brauche aber unbedingt auch eine Liebesgeschichte. Es vergehen nur wenige Tage, bis die Liebe ein Level erreicht, das man höchstens nach ein paar Monaten erwarten würde.⁣

Für mein Empfinden hätte es dem Buch gutgetan, die Liebesgeschichte nicht gar zu sehr in den Fokus zu rücken – so wird die Spannung immer wieder empfindlich ausgebremst.⁣

Auch die ‚Bösen‘ sind in meinen Augen relativ stereotyp gezeichnet und agieren zum Teil erstaunlich stümperhaft, obwohl sie eigentlich als Mitglieder einer Elite beschrieben werden. Gegen Ende wird zwar näher darauf eingegangen, warum sie tun, was sie tun – aber so ganz konnte mich das nicht überzeugen.⁣

Die Sprache, so leid es mir tut, konnte mich auch nicht begeistern. Das Buch ist solide geschrieben, das schon, aber die Atmosphäre der Zeit kommt bei mir nicht so recht an. Manchmal driftet die Sprache ins Schwülstige ab, dann wieder verfällt sie in Klischees.⁣

Fazit⁣

Im Wahlkampf 1953 wird CIC-Agent Philipp Gerber als Kriminalhauptkommissar beim BKA eingeschleust, wo er den Mord an seinem Vorgänger aufklären soll. Der zeitgeschichtliche Kontext ist interessant, die Themen vielversprechend: die erst kürzlich geborene Demokratie hat ihre versteckten Abgründe, die «Wölfe Deutschlands» schlagen auch nach dem Krieg noch ihre Krallen ins friedliche Rheinland.⁣

Aber so interessant der Thriller auch in Grundzügen ist – für mich scheiterte er an eindimensionalen Charakteren, einer erzwungenen, in Kitsch verfallenden Liebesgeschichte und einer Sprache, die Quintessenz und Flair der Zeit nicht einfangen kann.

Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog:
https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-ralf-langroth-die-akte-adenauer/