Rezension

ist die Show alles, was zählt?

Hier ist es schön - Annika Scheffel

Hier ist es schön
von Annika Scheffel

Bewertet mit 4 Sternen

Die Welt in der Irma lebt ist karg geworden, nichts wächst mehr richtig in der Erde, alles ist modrig und die Perspektiven für die Menschen schlecht. Als sie ein Plakat sieht, auf dem für eine Show geworben wird, beschließt sie sich dort anzumelden. In der Show werden 2 Menschen gesucht, die zu einem fernen Planeten reisen sollen um das Überleben der Menschheit zu sichern, sie sollen dort neu anfangen und eine neue Zivilisation gründen. Sie wird schließlich ausgewählt, zusammen mit Sam, dem namenlosen Jungen, von dem niemand weiß, woher er kommt. Alles ist gut, doch kurz bevor es losgehen soll, flieht Sam plötzlich, rennt hinaus in die Welt und zieht Irma mit sich.
Irma und Sam sind ein Paar, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Sie ist genervt von der Welt, von den Menschen und der aussichtslosen und immer gleichen ZUkunft, sie will mehr als das, was die Welt ihr bieten könnte. Er, der geheimnisvolle und verwirrte Junge, der nichts weiß von der Welt und den Menschen, die außerhalb der Mauern seines Zuhauses leben. Wo kommt er her, wer war er, vor der Show? Diese Fragen fangen an ihn zu quälen und je näher der Abflug rückt, desto stärker drängt es ihn nach draußen in die Welt. Mit jeder Zeile des Buchs spürt man seine Zweifel, seine Verlorenheit und die Frage, wo er hingehört. Er will herausfinden, wer er war und eckt auf seiner Flucht vor den mauern immer wieder an bei den Menschen. Er ist naivund versteht die einfachsten Sachen nicht, er kann die zwischenmenschlichen Schwingungen nicht wahrnehmen, versteht nicht, was sie von ihm wollen. Er kennt die Welt nur aus Filmen und dort sind alle nett zueinander. Er ist jedesmal verwirrt, wenn die Menschen eben nicht nur gut zueinander sind, wenn sie böse oder gemein sind und nur auf ihre Vorteile aus. Irma nicht. Sie ist aufgewachsen in dieser Welt, sie weiß, wie es läuft und ist zusehends genervt von Sam. Sie willeinfach nur zurück, will endlich aufbrechen zu dem neuen Planeten und alles hinter sich lassen. Doch ohne Sam geht das nicht, weswegen sie ihm widerwillig hilft.

Als Leser rätselt man ständig mit, fragt sich, welche der Theorien über Sam wahr sind, fragt sich, was ist real, was inszeniert. Viele der Szenarien haben mich an "Die Tribute von Panem" erinnert, nur, dass hier schon alles vorbei ist. Die Arena ist überstanden, das Ziel erreicht. Dennoch drängen sich viele Parallelen auf, die Iszenierung von allem, die Show und auch die Menschen. Der Inhalt des Buches hat mich berührt, Sam tat mir mit jeder seite mehr Leid, so verloren wie er war in dieser ihm unbekannten Welt. Auch Irma konnte ich gut verstehen, sie will sich nicht herumschlagen mit diesem dummen Jungen, der nicht weiß, wie man sich verhält, der sie ständig in Schwierigkeiten bringt. Das Ende bleibt offen, dennoch fand ich das nicht störend. Viel wichtiger ist die Reise der beiden und das Aufzeigen der ständigen Überwachung und Kontrolle, die Show inszeniert und über viele Jahre hinweg geplant und vorbereitet. Selbst am Ende fragt man sich, wie viel freien Willen Sam und Irma selbst auf ihrer Flucht wirklich hatten.

Leider hat mich der Scheibstil auf Dauer etwas genervt. Das Buch fängt an mit zahlreichen briefen an Irma, die es mir sehr schwer gemacht haben einen guten Weg in die Geschichte zu finden. Diese Briefe lesen sich für mich recht zäh und ich habe den Sinn dahinter auch am Schluss nicht 100% verstanden. Auch die nicht-chronologische Erzählweise förderte den Lesefluss nicht richtig. Allerdings hat das auch den Faktor des geheimnisvollen und rätselhaften verstärkt. Der Schreibstil und die Geschichte sind nicht super spannend, aber für mich war es gerade stimmig, dass nicht viel passiert auf der Reise. Es geht mehr um die Fragen, die aufgeworfen werden. Woher kommen wir, wohin gehen wir?

Alles in allem habe ich "Hier ist es schön" gerne gelesen. Man wird hineingeworfen in eine Welt, in der vieles schlecht ist. Doch das was immer wieder zwischen den Zeilen auftaucht ist erschreckend und man fragt sich, ist das ein ziel, auf das wir zusteuern mit all den Reality-Shows und Problemen?