Rezension

Mitreißender Lesegenuss - Lil the kill

Lil -

Lil
von Markus Gasser

Bewertet mit 4 Sternen

New York 2017, Sarah, eine Nachfahrin Lillian Cuttings, erzählt im Dialog mit ihrer Dobermann-Hündin Brontë die Geschichte von ihrer Ururururgroßmutter Lillian, eine geniale wie auch vorausschauende Unternehmerin, die in New York im Jahre 1880 von ihrem Sohn Robert hinterhältig in eine Nervenheilanstalt, namens Hops Island gelockt wird. So war es zu dieser Zeit gang und gäbe sich einer unliebsam gewordenen Frau zu entledigen und sie in eine Irrenanstalt einzuweisen. Lillian Cutting war nicht nur durch ihre Körpergröße von 1,80 m eine Ausnahmeerscheinung. Ihr Erfolg und ihren eigenwilligen Weg nach oben, haben Neid und Missgunst geschürt. Die Erlauchten 400 der New Yorker High Society wollten sie lieber weggesperrt sehen, doch dann schlägt Lil the kill zurück.

Der Autor schildert bildhaft und schonungslos, wie das Patriachat bzw. die Androkratie die Gesellschaft dominiert hat, wie entwürdigend mit Menschen vornehmlich Frauen in diesen Nervenkliniken umgegangen wurde. Über die rechtlose gesellschaftliche Stellung der Frauen, bei der sich die Zuständigkeit ausschließlich auf ihren Gatten, Haushalt und Kinder beschränken sollte. Über Rassismus, die dekadente Lebensweise der Rich Upperclass.

Obwohl viele Charaktere und auch Nebenfiguren den Schauplatz dominieren, hat der Leser nicht das Gefühl die Übersicht zu verlieren. Denn sie sind gut ausgearbeitet, gut und eindrücklich in Szene gesetzt und wirken daher sehr authentisch.

Das Zwiegespräch zwischen Sarah und ihrem Hund Miss Brontë fand ich persönlich sehr gewöhnungsbedürftig. Doch durchaus hat mich das Buch sprachlich überzeugt, die Wortwahl, der rasante Schreibstil, schonungslos, tragisch, nachdenklich und letztendlich auch mit hintergründigem Humor. Die Anspielungen auf literarische Werke oder Personen waren gekonnt in die Handlung eingebaut.

Für mich war das Buch sehr spannend und mitreißend zu lesen, obwohl das Ende einfach einem gut ausgegangenen Märchen entspricht. Trotzdem kann ich den Roman als lesenswert empfehlen.