Rezension

Nein heißt leider nicht Nein

Ich stelle mich schlafend
von Deniz Ohde

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Ich stelle mich schlafend“ ist ein eindringlicher Roman, der die tiefen Wunden, die Missbrauch und Manipulation hinterlassen können, auf erschütternde Weise darstellt. Die Geschichte beginnt mit der Zerstörung des Hauses, in dem Yasemin bis vor kurzem gelebt hat. Diese Zerstörung symbolisiert den Neuanfang, nach dem sich Yasemin sehnt, nachdem sie die Beziehung mit ihrem Freund Vito hinter sich gelassen hat. Die Beziehung der beiden reicht zurück bis in ihre Jugend, als Yasemin sich im Alter von dreizehn Jahren in den drei Jahre älteren Vito verliebt. Doch nach einem Aufenthalt im Sanatorium, wo ihre Skoliose behandelt wird, distanziert sie sich. Zu groß ist die Scham wegen ihres Korsetts, zu fremd der eigene Körper. Zwanzig Jahre später begegnen sich Yasemin und Vito erneut. Yasemin interpretiert dieses späte Wiedersehen als Schicksal, doch bald zeigt sich Vitos wahres Wesen: bedrohlich und zerstörerisch. Yasemins Nein akzeptiert er nicht und so verfällt sie in eine Passivität, die nur schwer auszuhalten ist.

Ein besonderes Element des Romans ist die Darstellung von Yasemins Skoliose. Der gewaltsame Eingriff in ihren Körper, der medizinisch notwendig ist, scheint auch eine tiefere Botschaft zu tragen: Yasemins Körper gehört nicht ihr allein, und in seinem natürlichen Zustand ist er unzureichend. Diese körperliche und psychische Verletzlichkeit zieht sich wie ein roter Faden durch Yasemins Leben und beeinflusst ihre Beziehungen und ihr Selbstbild.

Ohdes Sprache und die Atmosphäre, die sie schafft, sind von einer Sogwirkung, die mich trotz der Schwere der Thematik immer weitergezogen haben. Dies ließ jedoch im Laufe des Romans immer mehr nach, insgesamt wurde mir dann zu oft mit dem Zaunpfahl auf Zusammenhänge und Bedeutungen verwiesen.