Rezension

Nettes Sommerlesevergnügen...

Glück ist nichts für schwache Nerven - Theresia Graw

Glück ist nichts für schwache Nerven
von Theresia Graw

Bewertet mit 4 Sternen

Manchmal läuft einfach alles schief im Leben. Die sechsunddreißigjährige Valentina befindet sich gerade an einem solchen Punkt und fühlt sich einfach nur mies. Gerade geschieden, im Beruf hat eine Kollegin ihr die Beförderung vor der Nase weggeschnappt, ihre beste Freundin befindet sich auf Mauritius in den Flitterwochen, und ihre Hippie-Mutter gondelt mal wieder in der Welt herum, um selbige zu retten. Zu allem Überfluss hat sie sich jetzt auch noch einen Tinitus eingehandelt, der sie erst einmal zwingt, kürzer zu treten.
Bevor sie jedoch wie geplant in den Süden fahren kann, um einfach mal eine erholsame Auszeit zu nehmen, muss sie in der verwaisten Wohnung ihrer Mutter noch einmal nach dem Rechten sehen. Dabei fällt ihr eine alte Pralinenschachtel in die Hand, in der sie eine merkwürdige Entdeckung macht. Ein Abschiedsbrief, ein Zeitungsausschnitt und eine alte Krawatte - was soll das bedeuten? Nicht lange, und Valentina ahnt, dass sie plötzlich ihrem leiblichen Vater auf der Spur ist, von der ihr die Mutter seit 36 Jahren nichts verraten hat...

Valtentina findet rasch heraus, dass ihr mutmaßlicher Vater ein berühmter Architekt ist und immer noch in München wohnt. Auf dem Weg in den Krankenurlaub im Süden will sie sich das Anwesen des Werner Enzinger anschauen, doch zu ihrem Erstaunen wird sie sofort hereingebeten. Man hält sie für die neue Pflegekraft, und spontan steht Valentinas Entschluss fest: sie bleibt. Was gäbe es für eine bessere Gelegenheit, ihren mutmaßlichen Vater wirklich kennenzulernen? Und was hat sie schon zu verlieren?

Sehr sympathische Charaktere hat Theresia Graw hier gezeichnet, allen voran die junge Valentina Meyer. Geradlinig und ehrlich, voller Energie, neugierig, offen, ein klein wenig dickköpfig, wohlwollend und liebenswert. Aber auch die anderen Charaktere mit ihren kleinen Schrullen sind authentisch geraten.
Sei es der Werner Enzinger, der, nun im Rollstuhl sitzend, mit seinem Schicksal hadert, grummelig und introvertiert, und der allmählich wieder aufzublühen beginnt, oder sei es auch Eva, die eigentliche polnische Pflegekraft, die übergangsweise in Valentinas Wohnung lebt, mit ihrem Feng-Shui-Tick und ihrer mütterlichen Herzlichkeit, oder aber auch Valentinas Mutter, die Hippiefrau aus Überzeugung, die sich immer für alles engagieren muss, außer vielleicht für ihre Tochter...

Der Schreibstil ist flüssig, die Schilderungen bildhaft. Es gibt viele humorvolle Szenen, die mich häufig schmunzeln ließen, und die Einteilung in zahlreiche Kapitel ermuntert auch zum Lesen, wenn mal nicht so viel Zeit bleibt.

Was ich vielleicht nie verstehen werde, ist, weshalb solche Bücher häufig in gehobeneren Kreisen spielen. Vielleicht hat das etwas mit den Wunschträumen vieler Leserinnen zu tun, wer weiß (selbst einmal Prinzessin spielen oder so) oder vielleicht steckt das Motto dahinter, wie auch aus einem Aschenputtel ein Jemand werden kann... Hier fand ich manche der Szenen hinsichtlich des Zurschaustellens des 'Hastewas, Kannstewas' doch etwas überzogen, aber da ich weiß, dass das zu diesem Genre gerne einmal dazugehört, konnte ich mich damit arrangieren.
Wenn man sich zur Lektüre eines solchen Buches entscheidet, weiß man ja zumindest in etwa, was einen erwartet. Ein Schicksal soll gewendet werden und wird es schließlich auch - ein wenig Vorhersagbarkeit ist also immer dabei. Und tatsächlich kam es wie erwaret: ein bisschen Romantik, ein bisschen Trouble, ein bisschen Happy End. Oder vielleicht auch mehr?

Ein Wohlfühlbuch, wie es manchmal einfach gut tut, wenn man etwas Unkompliziertes braucht. Schon das Cover macht Lust aufs Lesen!
Luftig, locker, leicht - ein nettes Sommerlesevergnügen ohne große Überraschungen aber mit einer netten Geschichte...

© Parden