Rezension

neue Welt, spannende Figuren

Thalam - Gabriele Ennemann

Thalam
von Gabriele Ennemann

Bewertet mit 4 Sternen

Gidion ist ein fleißiger Schüler – zumindest meistens. Im Schwertkampf macht er stetig Fortschritte, andere, wie zum Beispiel die geschichtlichen, Themen haben ihn nicht so sehr interessiert. Als er sich eines nachts unerlaubt raus schleicht, hätte er niemals damit gerechnet etwas so Wichtiges zu beobachten. Das gesamte Gleichgewicht der Welten ist bedroht, nur die vier Avantgarde können jetzt noch eine Wendung erwirken. Gidion gehört zu den mutigen Abenteurern, die sich auf die ungewisse Reise begeben, ihr Ziel fest vor Augen.

 

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig. Die Sprache ist größtenteils leicht verständlich, so dass ich denke, die Altersangabe ab zehn Jahren ist durchaus gerechtfertigt. Einige Begriffe, die im Zusammenhang mit dem Königshof fallen, könnten vielleicht unbekannt sein, ergeben sich aber aus dem Gesprochenen. Mir hat die gewählte Sprache gut gefallen, da es zum Aufbau von Thalam passt. Vom technischen Stand ist Thalam mit einem mittelalterlichen Reich zu vergleichen, da wären zu moderne Formulierungen unangebracht.

Der Aufbau der Welt ist sehr interessant und abwechslungsreich. Neben Thalam gibt es noch Sinistrien, die Unten-Welt und auch die Oberfläche, auf der die Menschen leben. Jedes Reich hat seine Eigenheiten, die im Verlauf des Buches anschaulich präsentiert werden. Durch sehr detaillierte Beschreibungen kann man sich auch die ganzen fremden Wesen gut vorstellen. Besonders faszinierend finde ich die unterschiedlichen Gestalten der Unten-Welt, denen Gidion und die anderen unterwegs begegnen. Sie lassen einige, uns bekannte, Phänomene und Naturschauspiele in einem ganz anderen Licht erscheinen.

 

Die Figurenmischung hat mir gut gefallen. Jeder Charakter hat seine Eigenarten, die immer wieder zum Tragen kommen. Die Avantgarde haben, unter anderem aufgrund des geringen Alters, noch recht wenig Erfahrung mit den Gefahren und Kämpfen, die auf sie warten. So wissen sie manchmal nicht, wie sie reagieren sollen, was zu tun ist und wohin sie der Weg noch führen wird. Diese Unwissenheit macht die vier in meinen Augen sehr sympathisch und die Handlungsverläufe glaubwürdiger. Wenn sie gleich alles richtig gemacht und gekonnt hätten und ohne Unterstützung jede Herausforderung meisten würden, wäre das nicht so nachvollziehbar gewesen.

Weite Passagen der Geschichte sind aus der Ich-Perspektive von Gidion erzählt, wodurch man einen intensiven Eindruck von seinen, teilweise sehr aufgewühlten, Gedankengängen und Gefühlen bekommt. Zwischendurch gibt es Perspektivwechsel, die es ermöglichen, auch die Handlungen der Feinde mit zu verfolgen. Durch den dort genutzten personalen Erzähler, kann man die Abschnitte sofort voneinander unterscheiden. Die Kombination erzeugt eine schöne Dynamik im Verlauf des Buches, man kann an verschiedenen Orten gleichzeitig sein und die parallel laufenden Handlungsstränge mit verfolgen.

 

Bis es mit dem Abenteuer so richtig los ging, ist einige Zeit vergangen, die dafür genutzt wurde, eine Einführung in die fremde Welt zu geben, Zusammenhänge zu erklären und einen Überblick zu geben, welche Völker für was zuständig sind, wer für was bekannt ist und wovor man sich in Acht nehmen muss. Gidions fehlendes Wissen und seine Neugier waren da eine große Hilfe, weil man so als Leser  einen sehr umfangreichen Einblick bekommt. Da es wirklich viel zu entdecken gibt, fand ich die Ausführungen interessant zu verfolgen, allerdings hat sich dadurch die Handlung zum Ende des Buches sehr geballt. Die Ereignisse überschlagen sich und es ist so rasant zu Ende, dass Einiges fast ein bisschen zu schnell ging.

 

Eine schöne, abwechslungsreiche Geschichte, deren Handlung im Verlauf immer spannender wird. Das Ende ging mir persönlich etwas zu schnell, auch wenn es insgesamt stimmig gestaltet ist.