Rezension

Pageturner

Die stumme Patientin - Alex Michaelides

Die stumme Patientin
von Alex Michaelides

Bewertet mit 5 Sternen

Alicia und ihr Mann Gabriel sind ein typisches Ehepaar.  Wirklich? Warum hat die Protagonistin ihn dann erschossen? Hat sie ihn überhaupt erschossen? Diese und noch viele Fragen mehr stellt man sich, wenn man sich diesen unglaublich spannenden Thriller zur Hand nimmt.

So wirkt alles sehr idyllisch zwischen den Eheleuten. Alicia teilt uns ein Stück ihrer Vergangenheit nämlich immer mal wieder als Tagebucheintrag mit. Gerade diese Art von Informationen kamen bei mir sehr gut an. Ich konnte mich gut mit ihr identifizieren und hatte schon ziemlich schnell eine Bindung zu ihr aufgenommen. Dies führte dazu, dass ich noch neugieriger auf die Auflösung wurde, als ich ohnehin schon gewesen bin.

Alicia ist erfolgreich, sie scheint allerdings auch ein paar Probleme zu haben, die man am Anfang als Leser natürlich noch nicht präsentiert bekommt. Hier und da wirft Alex Michaelides immer mal wieder einen kleinen Satz ein, wie „Oder bin ich etwa doch wie meine Mutter?“ und stellt dem Leser so eine erneute Frage: Was ist denn bitte auch noch mit der Mutter?

Durch diese geschickten kleinen Cliffhanger rast man nur so durch die Geschichte. Die kurzen Kapitel sind da durchaus förderlich, denn ich dachte mir immer: „Ach komm, dieses eine Kapitel noch.“ Dass es bei diesem einen nicht blieb, liegt am unfassbaren Tempo und an der nie enden wollenden Spannung, die einen wirklich ans Buch klebt.

Es gibt viel zu entdecken und auch einige Figuren betreten die Bühne. Allen voran ist hier natürlich Theo zu erwähnen, der Psychologe, der sich Alice annimmt. Der sie zum Sprechen bringen möchte. Theo ist sehr ehrgeizig,  manchmal sogar ein Stück arrogant, hat aber auch selbst mit privaten Dingen zu kämpfen. In seiner Ehe läuft es nicht mehr rund, doch er kann sich sein Leben nicht mehr ohne seine Ehefrau vorstellen. Dieses Drama findet allerdings eher im Hintergrund statt und macht den Psychologen ein bisschen greifbarer, verletzlicher, authentischer. Zudem bewirkt diese Geschichte, das man im Bezug auf Alice mal ein bisschen durchschnaufen und nachdenken kann. Es wirkte, wie eine Pause auf mich, brachte die eigentliche Geschichte aber keinesfalls zum Erliegen.

 

Ich weinte um uns alle. Überall ist so viel Leid, und wir verschließen einfach unsere Augen davor. Die Wahrheit ist, dass wir alle Angst haben. 
Zitat aus: Die stumme Patientin

 

Was der Psychologe alles anstellt, um Antworten zu bekommen und um welche es sich schließlich handelte, lässt einem die Haare zu Berge stehen. Hinzu kommen noch mehr Fragezeichen, die einem über dem Kopf schweben, weil man keinerlei Ahnung hat, wie sich die verschiedenen Puzzleteile zusammenfügen werden. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, bin verschiedene Thesen durchgegangen, doch nie war ich auf der richtigen Fährte. Das spricht für den Autor! Ich kann von mir behaupten schon einiges gelesen zu haben, doch was Alex Michaelides hier abgeliefert hat, habe ich nur selten erlebt.

Am Ende hatte ich viele Aha-Erlebnisse. Alles ergab einen Sinn. Ich habe mich tatsächlich gefragt, warum ich da nicht von selbst drauf gekommen bin. Diese Frage kann ich mir jetzt selbst beantworten: Weil Alex Michaelides mich die gesamte Zeit über absolut gekonnt in die Irre geführt hat.

 

Fazit:
Es ist erfrischend zu erfahren, dass man als Thriller Leserin eben doch noch nicht alles kennt. Dass man nicht gleich weiß, wohin einen die Reise führen wird. Alex Michaelides hat es geschafft, mich mit „Die stumme Patientin“ total in die Irre zu führen und mich immer wieder zu überraschen. Der Thriller lebt von der Spannung und dem rasanten Tempo und lässt mich auch jetzt noch nicht los. Für mich ein absolut gelungenes Debüt, voller Überraschungen. Chapeu!

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