Rezension

Rebellisch und rastlos

Sofia trägt immer Schwarz - Paolo Cognetti

Sofia trägt immer Schwarz
von Paolo Cognetti

Bewertet mit 3 Sternen

Ich war sehr gespannt darauf, Sofia kennenzulernen, die immer schwarz trägt. Gemeint ist die Protagonistin dieses Romans, die in Mailand aufwächst, nach Rom zieht, um Schauspielerin zu werden und schließlich in Brooklyn landet. Hinzu kommt, dass mich der Roman „Acht Berge“ so begeistert und meine Erwartungen an den italienischen Autor entsprechend hochgeschraubt hatte. Nun habe ich das Buch ausgelesen und weiß nicht so recht, was ich von den Erzählungen halten soll.

Der Anfang las sich sehr vielversprechend. Mir gefiel, wie Sofia ihre Erinnerungen an die Kindheit in Mailand und in der Neubausiedlung Lagobello beschrieb. Schöne Erlebnisse wie wilde, fantasievolle Piratenspiele mit Freunden zählten ebenso dazu wie leidvolle Phasen, bedingt durch den ständigen Ehestreit der Eltern, den Depressionen der Mutter und Verlustängste. Doch dann verliert sich zunehmend der rote Faden – nicht nur durch die vielen Zeitsprünge, sondern auch inhaltlich.

Der Autor beleuchtet beispielsweise die Ehe der Eltern, die Arbeitsbedingungen des Vaters bei Fiat oder das Verhältnis zu Sofias Tante, die sich politisch engagiert. Ich hatte gehofft, dass durch die fast eigenständigen Erzählungen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven Sofias Persönlichkeit allmählich Gestalt annimmt, doch sie spielt meist nur am Rande eine Rolle. So blieben für mich viele interessante Charaktere wie die fürsorgliche Caterina in ihrer WG in Rom oder die Geliebte ihres Vaters nur an der Oberfläche, und auch zu der Hauptfigur konnte ich bis zum Schluss keinen richtigen Zugang finden.

Interessant fand ich dagegen, wie Paolo Cognetti durch seinen ungewöhnlichen Erzählstil Schlaglichter auf die italienische Gesellschaft der 80er Jahre und die typischen Konflikte in einer bürgerlichen Familie wirft. Auch sprachlich versteht er sein Handwerk und schafft es, mit scharfer Präzision die Dinge auf den Punkt zu bringen.