Rezension

Solide Unterhaltung

Anatomie eines Skandals - Sarah Vaughan

Anatomie eines Skandals
von Sarah Vaughan

Bewertet mit 4 Sternen

INHALT:

Sophie ist glückliche Ehefrau des charismatischen Parlamentspolitikers James. Bis er ihr eine Affäre mit seiner Assistentin gesteht. Die ihn nun wegen Vergewaltigung verklagt. James leugnet und setzt auf die Loyalität des Premierministers, der ihm noch einen Gefallen schuldet. Staatsanwältin Kate sieht die Anklageschrift mit großem Interesse auf ihren Schreibtisch flattern. Aus Gründen, die in ihre Zeit in Oxford zurückreichen. Ein Prozess mit unerwartetem Finale stellt Loyalitäten auf den Prüfstand. Und verändert nicht nur Sophies und James' Leben ...

MEINUNG:

Bei Anatomie eines Skandals haben ich eine Mischung aus Gone Girl und der Serie Scandal erwartet, also Geheimnisse und Wahrheiten unter der Oberfläche, die man erst herausfinden muss. Auf jeden Fall handelt es sich hier nicht um einen Thriller, aber doch um einen Roman mit Spannungselementen.

Die Autorin erzählt aus den Sichten von Sophie, James und einer weiteren dritten Person namens Holly. Von Holly steht nichts im Klappentext und ich war zunächst irritiert, aber in Bücher geschieht bekannterweise nichts ohne Grund und man bekommt mit der Zeit eine Ahnung, wer Holly sein könnte. Anfangs nahm ich auch an, dass der Fokus deutlich mehr auf Sophie liegt, aber Holly nimmt einen recht großen Teil ein.

Beide Frauen lernt der Leser sehr gut kennen. Besonders bei Holly nimmt sich die Autorin viel Zeit. Als ungeduldiger Thrillerleser, will ich natürlich immer Spannungselemente, aber man muss sich hier in Geduld üben und sich die Zeit nehmen die Charaktere im vorgegebenen Tempo kennenzulernen.

Besonders interessant sind natürlich James und Sophie. Beide führen im Prinzip nach außen hin eine Vorzeigeehe. Sophie steht hinter ihrem Mann und für sie ist die Familie, zu der auch zwei Kinder gehören das Wichtigste. Sophie hat James zu Liebe ihren Job aufgegeben, das Übliche also. Die Ehe bekommt ein paar Risse als James der Vergewaltigung bezichtigt wird. Die Affäre scheint noch nicht einmal das Schlimmste zu sein, was ich absolut nicht nachvollziehen konnte, wie sie da so ruhig bleiben konnte. Am schlimmsten ist eigentlich James selbst, der keine wirkliche Reue zeigt.

James ist praktisch mit dem goldenen Löffel groß geworden und hat sich ganz selbstverständlich seinen Platz im Leben gesichert, an dem es so läuft, wie er es möchte. Er verfügt auch über keinerlei Selbstreflexion. Was er macht, das ist richtig. James sammelt da bei mir absolut null Sympathiepunkte und wieder mal habe ich mich gefragt, warum die Öffentlichkeit so einem Mann mehr glaubt, nur weil er der Staatssekretär des Premiers ist. Das zu lesen, hat mich wirklich wütend gemacht.

Den Prozess fand ich sehr eindringlich geschildert. Die Autorin lässt hier kein Detail aus und vieles geht wirklich unter die Haut. Man hofft natürlich auf Gerechtigkeit, aber auch hier landet man schnell auf dem Boden der Tatsachen. Ich fand das zum Schreien ungerecht, aber auch realistisch und damit authentisch. Ein paar Geheimnisse bleiben auch bis zum Schluss verborgen für einige Beteiligte.

Das große Geheimnis zwischen James und Andrew wird erst ganz am Ende aufgedeckt und spielt für den Prozess nicht wirklich eine Rolle, was ich wirklich schade fand, denn das habe ich schon anders erwartet. Das Ende an sich ist relativ offen und lässt Platz für Hoffnung, dass gewisse Personen doch noch eine Strafe erwartet. Natürlich weiß man nicht, ob es so kommen wird.

 

FAZIT:

Der Roman zeigt auf, wie eine Vergewaltigung eine Frau für immer verändern kann und auch wie leicht man damit sprichwörtlich davonkommen, wenn man eine gute Reputation hat. Die Geschichte ist damit in meinen Augen sehr nah an der Realität, leider. Bis auf ein paar Punkte ist der Roman gut konstruiert. Der Fokus liegt hier eindeutig auf den Charakteren und deren Entwicklung.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.