Rezension

Spannend geht die Reise der Glücksfrauen weiter

Die Glücksfrauen - Die Kraft der Bücher -

Die Glücksfrauen - Die Kraft der Bücher
von Anna Claire

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der erste Band der Reihe hatte mir sehr gut gefallen. Die Geschichte war spannend aufgebaut, vor allem der historische Handlungsstrang um Luise hatte mich sehr gefesselt, aber auch die Ebene rund um Luises Enkelin June war recht unterhaltsam. Da es bereits im ersten Band Hinweise auf die anderen Freundinnen von Luise und Anzeichen eines Zerwürfnisses gab, wollte ich unbedingt wissen, wie es mit der Geschichte weitergeht.

Im zweiten Band geht die Geschichte der Gegenwart von Marias Enkelin Sandra aus. Die lebenslustige, leicht chaotische und spontane Sandra lebt in Brasilien, hat eine schlecht laufende Buchhandlung und würde eigentlich viel lieber etwas von der Welt sehen. Durch June bietet sich nun die einmalige Gelegenheit, dem Geheimnis ihrer Großmütter auf den Grund zu gehen und herauszufinden, was mit Maria und Anni geschehen ist. Und dafür wollen die beiden auf den Spuren von Maria und ihrer Familie durch Europa reisen. Eine gute Idee für die Geschichte. Aber die Umsetzung der beiden Frauen war für mich oft wenig glaubhaft, da die Figuren einerseits oft merkwürdig agierten, was so gar nicht zu den Charakteren passte. Oder aber die Dialoge der beiden waren so ungelenk, dass man sich eine solche Konversation beim besten Willen in der Realität nicht vorstellen konnte. Da der Handlungsstrang der beiden jungen Frauen jedoch nur das Gerüst für die viel interessantere und spannendere historische Handlung bietet, konnte ich darüber in großen Teilen einfach hinweglesen.

Im bereits erwähnten historischen Teil wird natürlich auch Marias Geschichte erzählt, die glücklicherweise stärker im Vordergrund steht als der Teil in der Gegenwart. Hier wurde beschrieben, wie es der jüdischen Familie erging und welche Strapazen sie während des zweiten Weltkrieges über sich ergehen lassen mussten, um ihr Leben zu retten. Die historischen Hintergründe hat die Autorin meiner Meinung nach sehr gut und passend recherchiert. Man konnte sich im Prinzip gut in die Situationen einfühlen. Allerdings ging  es hier an vielen Stellen aalglatt: kaum gab es eine Schwierigkeit, schon kam plötzlich Hilfe von irgendeiner Seite. Aus Zeitzeugenberichten weiß ich, dass es zum Glück für viele Flüchtende oft unverhofft Hilfe gab. Aber in diesem Roman passierte das einfach zu inflationär für meinen Geschmack und hat mich ehrlich gesagt nicht so ganz abgeholt. Darüber hinaus waren, vor allem im Mittelteil, einige Dialoge ziemlich hölzern und wenig authentisch oder passten nicht so recht zu den Figuren bzw. den Umständen. Da wurde meiner Meinung nach leider das Potential der eigentlich spannenden Handlung nicht genutzt, und Probleme wurden zu einfach beseitigt. Dazu kamen an verschiedenen Stellen etwas hölzerne Absätze, die sich inhaltlich auch teilweise wiederholten und Spannung aufbauen sollten. Für meinen Geschmack war das jedoch zum Teil sehr konstruiert und wenig glaubhaft.

Die Ideen für den Fortgang der Geschichte fand ich insgesamt gut und überzeugend, was mich auch trotz der Schwächen im Stil, den Dialogen und der Figurenentwicklung am Ball hat bleiben lassen. Denn ich wollte trotz allem wissen, was das große Zerwürfnis von Louise, Anni und Maria ausgelöst hat. Und dazu gab es auch noch ein paar andere geschickt eingefädelte Geheimnisse, denen man gerne auf den Grund gehen möchte. Vermutlich werde ich auch den finalen Band der Reihe aus dem selben Grund lesen: die Geheimnisse sind einfach gut gestrickt, dass man die Neugierde unbedingt befriedigen möchte.

Wer über stilistische Schwächen gut hinwegsehen kann, bekommt hier eine spannende Fortsetzung der Glücksfrauen zu lesen. Da mich die Handlung insgesamt überzeugt und ich den Spannungsbogen gelungen finde, bekommt das Buch 3,5* von mir.