Rezension

spannender historischer Krimi

Isenhart - Holger Karsten Schmidt

Isenhart
von Holger Karsten Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Man schreibt das Jahr 1171 in dem Isenhart geboren wurde. Allein seine Geburt birgt ein Geheimnis: Vater unbekannt, die Mutter gab bei der Geburt ihr Leben. Auch Isenhart ist leblos und wird von der Hebamme für tot erklärt. Ein Fremder taucht auf und haucht ihm seinen Atem ein, einen Teil seiner Seele. Wenige Minuten am Leben wird sein Lebenslicht abermals ausgelöscht und wieder entflammt, diesmal durch den Atem von Walther von Ascisberg.

Isenhart wächst als Sohn des Pinkepanks auf in dem Glauben, sein leiblicher Sohn zu sein. Doch Isenhart ist anders als die Menschen in seiner Umgebung, er ist wissenshungrig und neugierig und unterscheidet sich dadurch von den anderen. Ihm wird etwas zuteil, das damals nur Adligen und Kirchendienern vorbehalten war und zu dem das gemeine Volk keinen Zugang hatte: Bildung. Er wird zusammen mit Konrad von Laurin, dem Sohn des Burgherren unterrichtet, Lesen, Schreiben, Mathematik und Philosophie stehen auf seinem Stundenplan. Konrad wird im Lauf der Jahre trotz des Standesunterschieds zu einem guten Freund, in Konrads Schwester Anna verliebt sich Isenhart. Doch Anna wird brutal ermordet...

"Isenhart" ist ganz ganz großes Kino und für mich das Buch des Jahres 2011. Ein Buch, bei dem die Charaktere authentisch und vielschichtig sind und nicht einfach in Gut und Böse, in Schwarz und Weiss unterteilt werden. Charaktere mit Stärken und Schwächen, mit denen man sich identifizieren kann und sie durch Glück und Leid begleitet. Sehr gut wird die Éntwicklung Isenharts geschildert, sein unendlicher und unstillbarer Durst nach Wissen, seine Intelligenz und die Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen, womit er seiner Zeit weit voraus ist. Und doch auch seine Einsamkeit, da er außer seinem Mentor Walther keinen Menschen hat, mit dem er sich über seine Gedanken austauschen kann. Denn zur damaligen Zeit war es nicht ungefährlich, Wissen zu erlangen. Die Allmacht Gottes, besser gesagt der Kirche wollte die Menschen arbeitend und beschäftigt sehen und nicht Fragen nachgehend, die "Gottes Allmacht" in Frage stellen könnten.

Die vielen Kleinigkeiten und Nebenhandlungen lassen Isenharts Welt vor dem Auge des Lesers entstehen, bunt und lebhaft, es ist kein Buch das man einfach nur liest, sondern ein Buch das man erlebt, eben Kopfkino. Ein Buch das Emotionen weckt, Freude, Wut, Trauer, alles ist dabei. Ganz nebenbei erfährt man wo Redewendungen ihren Ursprung haben, Redewendungen die auch heute noch gebräuchlich sind wie "alles in Butter" oder "halt die Klappe".

Isenhart ist ein anspruchsvolles Buch, es auf die Jagd nach dem Mörder zu reduzieren würde ihm nicht gerecht werden. Es liest sich flüssig, allerdings sollte man sich für die Lektüre Zeit nehmen, denn die Seiten sind gespickt mit einer Fülle an Informationen und Begebenheiten die erst einmal verarbeitet werden müssen. Und doch zieht sich durch das gesamte Buch eine Spannung, die nicht nur auf die Morde und die Jagd nach dem Täter begrenzt ist. Es ist spannend Isenharts Entwicklung mitzuerleben, seine Überlegungen, Erlebnisse, die Reise und... und... und. Ein Buch von dem ich keine einzige Seite missen möchte, keine der über 800 Seiten war zuviel oder unnötig.

Ich weiß schon jetzt dass "Isenhart" einen festen Platz in meinem Bücherregal einnimmt und ich das Buch mit einigem Abstand nochmals lesen werde, weil es so wundervoll ist in diese längst vergangene Welt Isenharts einzutauchen.