Rezension

Spannender, temporeicher und ein wenig gruseliger Thriller mit einer hochsensiblen Ermittlerin

Eulenschrei -

Eulenschrei
von Max Bentow

Bewertet mit 5 Sternen

Eine ermordete Mutter, der die Hände abgetrennt wurden, eine weitere ermordete Frau, der die Zunge entfernt wurde, ein ermordeter Maler ohne Augen und an jedem Tatort wird der Hinweis auf einen Lebkuchenmann hinterlassen. Die Morde erfolgen in kurzer Abfolge, was es für das Ermittlerduo Nils Trojan und Carlotta Weiss besonders brisant macht. Der Täter inszeniert die Tatorte, verhält sich riskant und scheint mit der Polizei zu spielen. Die hochsensible Carlotta versucht sich in den Täter hineinzuversetzen und seine Botschaften zu deuten, während der von Panikattacken gebeutelte Trojan aufpassen muss, dass ihm Carlotta nicht den Rang abläuft.

"Eulenschrei" ist der erste Band der Thriller-Reihe um die Profilerin Carlotta Weiss und Kriminalkommissar Nils Trojan, die beide für die fünfte Mordkommission des LKA Berlin arbeiten. Die Reihe ist eine Fortsetzung der Buchreihe "Ein Fall für Nils Trojan", wobei im letzten Band "Engelsmädchen" Carlotta als neue Figur eingeführt worden war.

Die Mordserie ist brutal, der Täter gruselig. Die düstere Novemberstimmung trägt darüber hinaus zur schauerlichen Atmosphäre bei.
Deutlich ist, dass der Täter mit unheimlicher Präzision vorgeht und seine Taten von langer Hand geplant. Die Opfer scheinen in keiner Verbindung zu stehen, aber allen fehlt ein bestimmtes Körperteil. Was will der Täter damit sagen? Und was bedeutet der Lebkuchenmann, dessen Lachen die Taten zu verhöhnen scheint?

Der Thriller ist spannend inszeniert, während man sowohl den Morden als auch den Ermittlungen hautnah beiwohnt. Die Angst der Opfer ist genauso eindringlich spürbar wie die Überheblichkeit des Täters.
Carlottas unkonventionelle Ermittlungsmethoden bringen sie ganz nah an den Täter heran. Nils Trojan scheint dagegen wieder nur eine Nebenrolle bei den Ermittlungen zu spielen, wenn er zu allen Tag- und Nachtzeiten von Carlotta herbeigerufen wird.
Bis auf die in ihrer Häufigkeit überflüssigen Wegstreckenbeschreibungen ist der Fall dynamisch erzählt. Den Täters zu identifizieren ist wendungsreich, bedrohlich und rätselhaft. Gebannt verfolgt man Carlottas und Trojans Gedankengänge um den Täter zu entlarven.
Die Handlung ist trotz der brutalen Morde nicht reißerisch, zeigt jedoch die tiefen Abgründe einer menschlichen Seele und was andauernde Verletzungen auslösen können. Ein zweiter Handlungsstrang, der nur wenige Kapitel umfasst und von einem Kind und seiner manisch-depressiven Mutter handelt, ergänzt die Krimihandlung und lässt den Leser aufschlussreich über Motiv und Täter spekulieren.
"Eulenschrei" ist ein spannender und temporeicher Kriminalfall, der logisch konstruiert ist und mit besonderen Ermittlungsmethoden aufwartet. Was den Täter antreibt, ist zwar am Ende nicht wirklich neuartig, aber glaubhaft.