Rezension

Toller Debütroman mit zauberhafter Sprache

Unsere glücklichen Tage - Julia Holbe

Unsere glücklichen Tage
von Julia Holbe

"Unsere glücklichen Tage" von Julia Holbe ist ein einfühlsamer Roman über das Leben selbst, über Freundschaft, über die Kraft zu Verzeihen und über Momente, die unvergesslich sind. Besonders zu Beginn war der Debütroman ganz zauberhaft, lässt dann aber leider etwas nach.

Was mir ganz allgemein sofort aufgefallen ist und sehr gut gefallen hat, ist die Haptik des Buches. Der Umschlag der Printausgabe fühlt sich sehr wertig an und macht das Buch zu etwas besonderem. Auch das Cover finde ich ausgesprochen hübsch. Gerade die Schlichtheit gefällt mir. Ein aufmerksamer Leser des Klappentextes wird sich schnell fragen, warum nur drei Mädchen abgebildet sind. "Vier Freundinnen und ein Sommer am Meer, der alles für immer veränderte", heißt es. Ist einer der Freundinnen etwas zugestoßen? Gab es einen Streit? Meine Neugier auf das Buch war sofort geweckt.

"Wir waren so jung und so grundlos glücklich, so übermütig und so unbedarft. So unentschlossen, was wir vom Leben und alldem wollten, und gleichzeitig spürten wir es genau." Der Schreibstil ist ausgezeichnet - melancholisch, lebensbejahenden, poetisch, einzigartig. Einige Sätze und Abschnitte sind ganz besonders formuliert und lassen beim Lesen innehalten. Zudem sind die Beschreibungen der Umgebung, des Klimas, der Orte und vor allem der Protagonisten mit ihren Eigenheiten und der Beziehung untereinander sehr intensiv und tiefgründig.

Lenica, Marie, Fanny und Elsa treffen sich Jahr für Jahr in einem hübschen Haus an der französischen Atlantikküste um den Sommer gemeinsam zu verbringen. Alle vier sind beste Freundinnen, leben im Moment und träumen gleichzeitig vom Leben, wenn sie erwachsen sind. Bis zu dem Sommer in dem Lenica Sean mitbringt. "Das mit Sean war nicht vorhersehbar gewesen. Er war ein Wahnsinniger. [...] Ein Lebewesen aus Sternenstaub. Ein Timelord, ein Zeitreisender." Nach diesem Sommer sehen sich die vier Freundinnen Jahrzehnte nicht wieder.

Durch einen Zufall treffen sich nach all den Jahren Marie und Elsa auf der Straße und damit beginnt das Band der Freundschaft wieder zart zu wachsen. Nach und nach stoßen auch die anderen hinzu und treffen sich an dem Ort wieder, wo sie die Sommer ihrer Jugend zusammen verbracht haben. Doch nicht ohne Grund haben sie sich damals aus den Augen verloren. Der letzte Tag im letzten Sommer steht unausgesprochen zwischen den Freundinnen und erst ganz allmählich zeichnet sich ab, was damals passiert ist und ob die Freundschaft neu beginnen kann. Über allem steht jedoch die Liebesgeschichte zwischen Elsa und Sean, die voller Höhen und Tiefen, Nähe und Zurückweisung ist. Aufgrund des Covers und des Klappentextes hatte ich gedacht, es geht mehr um alle vier Freundinnen. Aber Elsa steht klar im Mittelpunkt. Die Geschichte wird ausschließlich von ihr in der Ich - Perspektive erzählt. Es wird ein klares Bild von den anderen vermittelt, dies jedoch eingefärbt durch die Wahrnehmung Elsas. Das habe ich als schade empfunden. Mir hätte es gut gefallen, Abschnitte aus Sicht aller vier Freundinnen und gern auch von Sean zu lesen. So hatte ich den Eindruck, dass es sich um eine tragische, komplexe Liebesgeschichte handelt, versteckt hinter der Geschichte der Freundschaft von vier Frauen. Die Beziehung zwischen Elsa und Sean war dann leider auch keineswegs romantisch, sondern vielmehr toxisch und stellenweise nicht nachvollziehbar.

Insgesamt hat mir der Debütroman "Unsere glücklichen Tage" von Julia Holbe gut gefallen. Der Schreibstil ist ganz zauberhaft und vermittelt beim Lesen wunderschöne Bilder der Orte und vor allem der Charaktere. Einzige Kritik ist, dass der Schwerpunkt auf der toxischen Beziehung zwischen Elsa und Sean liegt. Dennoch spreche ich gern eine Leseempfehlung aus.