Rezension

Tragik-Komik in Reinform

Der Bademeister ohne Himmel -

Der Bademeister ohne Himmel
von Petra Pellini

Der Bademeister ohne Himmel – Petra Pellini

 

Zusammenfassung:

 

Linda und Hubert sind ein sonderbares Gespann. Hubert, 86, Bademeister ausser Dienst, Honig im Kopf. Linda hat im Grunde das Leben schon mit 15 satt und ist doch unbewusst ein leuchtender Stern im Leben aller um sie herum. Zusammen mit Ewa, der polnischen Pflegekraft und einer Seele von Mensch, kümmert sie sich rührend um den immer schneller verschwindenden Hubert.

 

Meine Meinung:

 

Dieser Roman erzählt über das Band der Freundschaft, über das Halt geben in ausweglosen Situationen. Man liest ein ganzes Leben auf 300 Seiten. Das Hauptthema in dieser Geschichte ist Demenz und vor allem wie man damit umgehen kann...

 

Auf unglaublich einfühlsame Art und Weise schafft die Autorin mit Linda eine Protagonistin, welche mit Geduld und Empathie Hubert genau den Raum gibt, den er so dringend benötigt. Sie erkennt was er braucht und was ihm guttut, auch wenn er es selbst nicht mehr kann. Linda findet bei Hubert und Ewa ein zweites Zuhause, da man ihr eigenes als solches nicht bezeichnen kann. Auch mit Kevin, ihrem Freund aus Kindheitstagen, hat sie einen festen Anker in stürmischen Zeiten. Alle zusammen harmonieren auf so leichte und authentische Weise, dass es ein Wohlfühlen beim Lesen auslöst, auch wenn das Thema natürlich schwere Kost ist. 

 

Durch die extrem kurzen Kapitel, welche zudem in Abschnitte unterteilt sind, rast man im positiven Sinne durch die Dialoge. In jedem Schlagabtausch ist so viel Situationskomik, dass ich mir oft ein Lächeln verkneifen musste. Ich finde, dass es wirklich gut zu so einem tragisch-schweren Thema wie diesem passt. Auch wenn verschiedene Denkweisen und Handlungen eine überspielende Grundhaltung einnehmen, so ist es eben genau das, wie Menschen mit Schicksalsschlägen umzugehen vermögen. Jeder ist individuell, das spiegelt sich auf jeder Seite wider.

 

Besonders alle zwischenmenschlichen Beziehungen gehen unter die Haut. 

 

Der Titel dieses Romans findet auch im Innenteil seine wiederkehrende Präsenz. Seht treffend wie ich finde. Ob als Gedanke, ausgesprochen oder gedacht, oder auch als Handlung.

 

 

Fazit:

 

Für all jene, die sich mit dem Thema Demenz auf einfühlsame Weise auseinandersetzen wollen, eine absolute Empfehlung.

Skurrile sowie herzerwärmende Dialoge wechseln sich ab und enden in einem unaufgeregten aber würden Abschluss dieser Geschichte. Dringend lesenswert.

 

 

Lieblingsstellen:

 

Ich erzähle ihm brühwarm, dass ich nicht mehr leben will. Selbst dann noch bleibt Hubert entspannt. Ihn brauche ich nicht zu schonen, für ihn sind alle Worte gleich.

 

Wenn ihr wüsstet, und dann lasse ich mich darauf ein, was wir nicht wissen. Es gibst eben eine Sprache, die von Herzen kommt. Eine Sprache ganz ohne Worte.

 

Er weiß nicht mehr, in welcher Kirche er geheiratet hat, aber unglücklicherweise weiß er, dass er geheiratet ha.Hätte er Rosalie vergessen, müsste er sie weder suchen noch vermissen.

 

Und was macht er ohne Zähne, äffe ich sie tonlos nach. Ich antworte nicht. Manche Fragen sind einfach zu dumm! Mit ihr einen Streit anzufangen, bringt nichts. Davon kommen Huberts Zähne nicht zurück.