Rezension

Unterhaltsamer Hausfrauenroman statt Psychothriller

Das Gift deiner Lügen - Jenny Blackhurst

Das Gift deiner Lügen
von Jenny Blackhurst

Bewertet mit 3.5 Sternen

Im noblen englischen Villenviertel Severn Oaks scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Abgeschirmt durch hohe Mauern führen gut betuchte Familien ein beschauliches  und vollkommen normales Leben. Die einzige Ausnahme dieser Idylle bildet der tragische Tod der Nachbarin Erica Spencer, die im vergangenen Jahr auf der Halloweenparty eines befreundeten Paares aus deren Baumhaus stürzte. Ein knappes Jahr später haben sich Ericas Freundinnen einigermaßen von dem Schock erholt, als ein geheimnisvoller Podcast auftaucht: „Der Mord an Erica Spencer“. Der unbekannte Podcaster verspricht, die Wahrheit hinter Ericas Tod ans Licht zu bringen – und plötzlich kommen unzählige Geheimnisse und Motive ans Licht, die bisher hinter Severn Oaks scheinbar sicherer Fassade verborgen waren.

„Das Gift deiner Lügen“ von Jenny Blackhurst spielt im beschaulichen Villenvillen Severn Oaks, das gut beschrieben wird und dessen elitäre Kleinstadtatmosphäre schnell für den Leser greifbar wird. Da sehr viele relevante Personen im Buch vorkommen widmet sich fast das gesamte erste Drittel des Buches der (leider trotzdem unvollständigen und nach wie vor leicht verwirrenden) Vorstellung dieser Personen und ihrer Konstellationen zueinander. Schnell wird deutlich, dass hier jeder etwas zu verbergen hat, viele Geheimnisse voreinander herrschen und das idyllische Vorzeigeleben im Villenviertel reine Fassade ist. Alles erinnert etwas an eine Mischung der Serien „Desperate Housewives“ und „Pretty little liars“.

Das Cover wirkt geheimnisvoll, die Abbildung der eigentlich positiv kontierten Liebes- und Glückssymbole Herz, Rosenblätter und Schmetterling in düsterer Farbgebung sorgt für ein beklemmendes Gefühl und verspricht einen spannenden Fall.

Das Buch startet mit einem bissigen Kommentar eines allwissenden Erzählers, der sich als die tote Erica herausstellt, die den Leser direkt anspricht. Die folgenden Kapitel sind auch den unterschiedlichen Perspektiven der handelnden Personen geschrieben und teilweise aus der Gegenwart, teilweise aus der Vergangenheit erzählt. Meist sind die Kapitel kurz gehalten, um das Tempo zu steigern. Der Schreibstil insgesamt ist erzählend und enthält auch humorvolle Stellen zum Schmunzeln. Informationen werden häppchenweise gegeben, die Autorin spielt mit Annahmen der Leser und lässt ihn somit eigene Theorien aufstellen. Leider wurden manche Informationen absichtlich nicht gegeben, so dass der Leser sich gar kein umfassendes Bild machen konnte und keine Chance hatte, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das hat mich etwas verärgert und ich habe mich teilweise ein bisschen veräppelt gefühlt. Auch wurde so die ganz große Spannung nicht wirklich erzeugt, viele Handlungen und Wendungen wirkten erzwungen und konstruiert. Der Einbezug von Stilmitteln wie den Podcasts oder Zeitungsartikeln hingegen fand ich toll und kreativ.

In Seven Oaks vereinen sich die unterschiedlichsten Charaktere, die alle ausführlich beschrieben wurden, aber dennoch lange geheimnisvoll bleiben und deren Gedanken und Handlungen ich als Leser teilweise auch nicht nachvollziehen konnte. Wirklich sympathisch war mir keine Figur, viele sind so überzeichnet, dass sie klischeehaft wirken. Gemein ist allen, dass sie sehr oberflächlich und auf ihre Außenwirkung bedacht sind. Hochinteressant hingegen fand ich die sozialen Beziehungen der einzelnen Charaktere untereinander.

„Das Gift deiner Lügen“ hat mich gut unterhalten und war angenehm zu lesen, allerdings habe ich es nicht als Psychothriller wahrgenommen, da es mir zum einen nicht spannend genug war und zum andern psychologisch zu wenig in die Tiefe ging. Ich würde ihn eher als gemütlichen Hausfrauenroman bezeichnen, der sich angenehm zwischendurch lesen lässt, aufgrund des Klappentextes aber falsche Erwartungen schürt.