Rezension

Unterwegs mit Tod und Teufel

Die Hure und der Spielmann - Thomas Ziebula

Die Hure und der Spielmann
von Thomas Ziebula

Bewertet mit 5 Sternen

~~Stockholm zu Beginn des Krieges 1618: Die 17-jährige schwedische Kaufmannstochter Kristina Thott will einer Zwangsheirat mit Sakarias Bonde entkommen und begibt sich auf die Flucht zu ihrer Tante in Prag. Doch sie kommt nur bis Deutschland und landet mitten im 30-jährigen Krieg. Ab hier muss sie sich durchschlagen, ist sie doch allein und ohne Schutz unterwegs. Da bleiben einer Frau nicht viele Möglichkeiten zum Überleben.
Der Prager Katholik Antonin von Waldau unterdessen flüchtet vor seinen verhassten Stiefvater und begibt sich in die Hände des Jesuiten Franz von Trient, dem er treu ergeben ist. Unter dem Namen Tonda reist er als Spielmann umher. Eines Tages begegnet er Kristina, die inzwischen die Mätresse eines Offiziers ist. Zwischen den beiden entbrennt das Feuer der Liebe, doch Tonda ist an den Jesuiten gebunden, der insgeheim einen teuflischen Plan schmiedet. Wird Kristina und Tonda ein gemeinsames Glück vergönnt sein?
Thomas Ziebula hat mit seinem historischen Roman „Die Hure und der Spielmann“ den Folgeband zu seinem Debüt „Der Gaukler“ vorgelegt. Obwohl das Buch mit 687 Seiten sehr dick ist, fliegt man regelrecht durch die Seiten. Schon die Aufteilung des Romans verdient eine Anmerkung, denn der Prolog startet in der Zukunft im Jahr 1632 und die darauffolgenden Bücher erzählen von der Vergangenheit, dem sich der Epilog wiederum im Jahr 1632 anschließt. Eingestreute Intermezzi, die aus Tagebucheinträgen bestehen, machen die Geschichte authentisch und sehr lebendig. Auch die eingefügte Karte und ein Personenverzeichnis zu Beginn des Buches sowie ein Glossar und ein erklärendes Nachwort des Autors runden dieses Gesamtpaket ab.
Der Schreibstil ist wieder einmal wunderbar flüssig,, sehr bildhaft, aber auch emotional, dabei lässt der Autor auch den Humor nicht vermissen. Der Leser wird direkt an die Hand genommen und in eine vergangene Zeit entführt. Der Spannungsbogen baut sich gleich zu Beginn auf und zieht sich nahtlos durch den ganzen Roman. Durch die wechselnden Erzählperspektiven ist man immer mitten im Geschehen und verfolgt die Gefühls- und Gemütslage der einzelnen Protagonisten hautnah.
Die historische Hintergrundrecherche zu diesem Roman hat Thomas Ziebula wieder hervorragend gelöst und brillant in seine Geschichte eingepflegt. Die Geschehnisse des 30-jährigen Krieges werden vom Autor so authentisch erzählt, dass man als Leser das Gefühl hat, mitten drin zu stehen und alles zu beobachten: den Schmutz, die Toten und Verletzten, die Gräueltaten, die Ränke und Manipulationen, die politischen und religiösen Machtspiele, aber auch die Liebe, die Verzweiflung, die Hoffnung und ein wenig Glück. Der Roman überzeugt durch gelebte Geschichte und eine fiktive Handlung, die sich nahtlos einfügt. Dabei unternimmt man eine Reise von Schweden über Deutschland nach Böhmen. Die einzelnen Charaktere sind sehr liebevoll und lebensecht skizziert, vor dem inneren Auge des Lesers werden die Personen regelrecht greifbar. Kristina ist widerspenstig, hat ihren eigenen Kopf und ist sehr willensstark, sie gibt nicht auf und beißt sich durch. Sie ist eine starke Persönlichkeit und absolute Sympathieträgerin. Tonda hatte eine schreckliche Kindheit und dadurch sehr eingeschüchtert. Er sehnt sich nach Liebe, Anerkennung und Wärme, dabei ist er gutmütig und leider auch sehr gut zu manipulieren. Um sich aus diesem Teufelskreis zu befreien, braucht er viel Willenskraft und Stärke, aber auch das Gefühl, geliebt zu werden.
Thomas Ziebula hat sich mit seinem neuen Roman „Die Hure und der Spielmann“ wieder in das Herz des Lesers geschrieben, denn durch seine Erzählkunst erhält man eine Geschichtsstunde par Excellence, die viel Spaß macht und dabei bestens unterhält. Das geht ans Herz, lässt einen nicht mehr los und hallt noch lange nach. Nachdem Ziebula schon mit seinem Debütroman „Der Gaukler“ einen fulminanten Start hingelegt und die Messlatte hoch angesetzt hat, waren die Erwartungen für sein neues historisches Werk sehr groß. Aber der Autor hat sich mit diesem Buch erneut in die Herzen der Leser geschrieben, sich selbst übertroffen und alles richtig gemacht. Einfach sagenhaft, Chapeau!