Rezension

Versöhnung durch Enthüllungen, starkes Buch

Der Morgen nach dem Regen -

Der Morgen nach dem Regen
von Melanie Levensohn

Bewertet mit 4 Sternen

Dieser im Insel-Verlag erschienene Roman behandelt eine sehr vertrackte Mutter-Tochter- Beziehung. Johanna, Elsas Mutter, hat in Sankt Goar unbeschwerte Ferientage verbracht, Elsa ebenso. Tante Toni hat ihnen ihr altes, gemütliches Haus mit großem Garten und Blick auf den rhein vererbt und beide wollen dort nach Lebenskrisen zur Ruhe kommen. Johanna hat für die UNO in Krisengebieten gearbeitet und war oft monatelang von zu Hause ( New York) fort, was Mutter und Tochter entfremdet hat. Elsa war von ihrer Mutter enttäuscht und fühlte sich alleingelassen. Aber auch sie scheint “ Workaholic “ zu sein, denn all ihre Energie liefert sie für ihren Job als ehrgeizige Strafverteidigerin am Europäischen Gerichtshof in Den Haag ab.
Besonders haben mich die Informationen über Johannas Tätigkeit interessiert, die offenbaren wie gefährlich und psychisch belastend ihre Arbeit ist. Hut ab vor allen UNO-Mitarbeitern in Krisensituationen, die ihr eigenes Leben in Gefahr bringen für das Ideal, hungernden und kranken Menschen zu helfen!
Es gibt viele Streits, Missverständnisse, Enttäuschungen, aber auch Verletzungen zwischen Mutter und Tochter, und ein normales Miteinander scheint unmöglich. Elsa verschließt sich völlig. Wie wird sich die Beziehung verändern?
Levensohn liefert eine sprachlich gekonnte Meditation über die Beziehung zwischen Elsa und Johanna. Sie versteht es, tief in die Psyche der beiden Charaktere einzutauchen und sie dem Leser nahezubringen, wobei sie neutral berichtet und sich nicht auf die Seite einer Figur schlägt.
Die Dialoge sind lebendig und authentisch. Der Spannungsbogen wird kontinuierlich aufgebaut, man möchte immer weiterlesen, bis es zu einem doch recht unwirklichen Ende kommt, das meiner Meinung, nach besonders das Verhalten der Tochter nicht logisch darlegt. Wie kann man sich so schnell so sehr in seiner Haltung ändern? Zwar kommen diverse Geheimnisse auf Seiten der Mutter und der Tochter nach und nach ans Licht, die Verwerfungen, Erwartungen und Enttäuschungen werden freigelegt und die Lebenslügen enthüllt, jedoch sind die plötzlichen Verhaltensänderungen der Tochter für mich, als männlicher Leser, nicht ganz nachvollziehbar.
Das Werk kann durch das sehr farbenfrohe, fröhliche Cover punkten, und auch die symbolische bedeutung des Buchtitels wird zum Schluß ganz evident, jedoch richtet sich der Roman wohl primär an die weibliche Leserschaft. Daher kann ich nur 4 Punkte vergeben.