Rezension

Was macht Manipulation mit Menschen ?

Der dunkle Garten - Tana French

Der dunkle Garten
von Tana French

Bewertet mit 4 Sternen

Der 28jährige Toby Hennessy verbringt in Dublin einen geselligen Kneipenabend mit seinen Freunden. Zuhause angekommen, wird er von zwei Einbrechern zusammengeschlagen und schwer verletzt. Nach langem Krankenhausaufenthalt und während er dabei ist, auch psychisch komplett den Boden unter den Füßen zu verlieren, ereilt ihn ein familiärer Hilferuf. Sein Onkel Hugo, der im „Efeuhaus“, einem alten Anwesen der Familie lebt, ist todkrank und benötigt Unterstützug. Melissa, Tobys Freundin, ermutigt ihn, zu fahren, obwohl Toby sich fragt, wie er denn helfen kann, benötigt er doch selbst jedwede Hilfe. Doch Melissa bietet an, mitzufahren und so treffen beide im „ Efeuhaus“ ein. Toby findet sich im Kreise seiner Familie und in seinen Kindheits- und Jugenderinnerungen sehr schnell ein, und kommt zur Ruhe und seiner Genesung näher, während Hugo sich seinem Tode nähert. Doch all das wird nachgeordnet, als Tobys Großnichte und -neffe beim Spielen im Garten einen verwesten Schädel finden.

Nachdem die Polizei Garten und Haus umgepflügt und durchsucht haben, steht die Identität des Toten fest. Ein Jugendfreund, von dem alle annahmen, er habe Selbstmord begangen. Doch wer ist sein Mörder ? Nach und nach entblättert sich der Charakter des Toten und die Beziehungen der Hausbewohner und – bewohnerinnen zu ihm fächern sich auf. Nach einer Nacht mit Alkohol und Dope scheint alles ganz anders gewesen zu sein und Toby fragt sich, ob er damals zum Mörder geworden war ?

 

Auch wenn dieses Buch auf den ersten Blick wie ein Krimi daherkommt, ist es doch ein Roman, man könnte fast sagen, ein Familienroman mit Krimihandlung. Aufgefächert wird das Psychogramm der Familie Hennessy, durch deren Manipulation untereinander ein Mord geschieht. Und in Folge dessen ein zweiter.

Wo verläuft die Grenze zwischen sich schützen und andere schützen ? Welche Mittel sind erlaubt, um eine qualvolle Situation zu beenden ? Moralisch ? Juristisch ? Wann handelt eine Familie aus gesundem Menschenverstand und wann wird sie dysfunktional ?

Das Buch wird zu Beginn fast atemlos, wie ein langer Monolog erzählt. Teils langatmig, dass man als LeserIn möglicherweise einen langen Atem braucht, um es nicht wegzulegen. Aber das Weiterlesen lohnt sich. Der Autorin gelingt es, eine fast kammerspielartige Inszenierung im „ Efeuhaus“ zu schaffen, in deren Verlauf man als LeserIn fast Teil des Geschehens wird, da man sich den drängenden Fragen kaum verschließen kann. Die Protagonisten des Buches werden sowohl in ihrer Komplexität, als auch in ihrer Widersprüchlichkeit und in ihren Abhängigkeiten glaubhaft dargestellt. Und das Ende ist überraschend.

Lassen Sie sich, wenn Sie Zeit und Muße haben, auf ein kluges, düsteres, widersprüchliches, spannendes Buch ein, dessen Fragen Sie noch einige Zeit beschäftigen werden.