Rezension

Wenn Briefmarken sammeln zu langweilig ist, sammelt man ..... Schmerz!

Der Schmerzsammler - Martin Conrath

Der Schmerzsammler
von Martin Conrath

Bewertet mit 5 Sternen

Fran(ziska) Miller ist Profilerin und Sektenbeauftragte des LKA Düsseldorf. Sie braucht den besonderen Adrenalinkick und holt ihn sich auch. Schnell merkt man, sie trägt – wie eigentlich jeder Mensch über 30 – ihr Päckchen. Doch was, das erfährt man erst später im Verlauf der Story.

Fran und ihr Team bekommen einen Fall auf den Tisch, der sie in den Bereich des Satanismus führt. Doch es bleibt nicht bei diesem einen Fall. Immer mehr verstümmelte Leichen tauchen auf. Dann noch ein Blutritual auf dem Friedhof. Lars Rütten, Schüler, Halbwaise, die Mutter sterbenskrank, hat sich seine eigene Teufelsbibel erarbeitet und ist nun Hohepriester seiner eigenen Sekte, die „Church of XXXL“. Fran kämpft gegen einige ihrer überheblichen Kollegen und sucht den Killer und die Satansanbeter. Dabei gerät sie selbst ins Fadenkreuz ...

Der Part des Killers ist in der Ich-Form geschrieben. Das macht die Sache noch viel emotionaler und persönlicher. Alle anderen Handlungsstränge sind aus Erzählerperspektive gehalten. Da ist der Abstand größer. Da der Mensch aber von Natur aus gut sein möchte, baut man als Leser ziemlich schnell eine emotionale Verbindung zu den „Guten“ auf. Doch wer ist wirklich „Gut“? Sitzt der Täter in den eigenen Reihen? Wem kann Fran vertrauen? Ein Verwirrspiel beginnt, das den Leser sofort gefangen nimmt und ihn nicht mehr loslässt. Man möchte das Buch gar nicht wieder aus den Händen legen!

Martin Conrath hat es geschafft, immer wieder Sätze einzuweben, die den Leser treffen, berühren, emotional mitreißen. Auch lachen kann man hin und wieder – was aber nicht auflockert, sondern den Thrill nur noch erhöht.

Teils geht es – zumindest für meinen Geschmack – recht heftig zur Sache. Immer nur in kurzen, heftigen Momenten, aber eben sehr blutig, sehr bildhaft beschrieben. Das ist ansonsten gar nicht mein Ding. Hier ist es aber so eingebaut, dass man es verkraften kann. Das ist eine echte Kunst, wie ich finde! Die Dosis ist heftig, aber nicht zu viel. Keine einzige Seite des Buches ist überflüssig oder auch nur lagweilig. Von Anfang an nimmt Martin Conrath den Leser an der Hand, führt ihn in die Geschichte und lässt ihn erst am Ende wieder los. Von der ersten bis zur letzten Zeile ist Spannung vorhanden. Der Bogen steigt und verebbt ein wenig, nur um dann wieder ansteigen zu können. Bröckchenweise kommt der Leser – wie auch das Ermittlerteam – der Lösung näher, bis es zum hochdramatischen Showdown kommt. Sagenhaft!

Dieses Buch beweist, dass auch deutsche Autoren erstklassige Thriller schreiben können, die es verdient haben, auf der Bestsellerliste zu landen. „Der Schmerzsammler“ ist mein Highlight 2013 und es wird für andere Autoren und Bücher nicht einfach sein, ihn auf Platz zwei zu verweisen. Ganz selten wurde ich von einem Thriller, einem Buch überhaupt, so gut unterhalten, so gefangengenommen, wie hier. Außerdem wirkt es nach – ganz viele Stellen arbeiten noch immer in mir. Um es auf den Punkt zu bringen: „Der Schmerzsammler“ hat mich schlicht und ergreifend geflasht!

Zum Glück ist das Ende so gestaltet, dass der Leser auf weitere Fälle mit Fran Miller hoffen darf. Wenn die dann mit ebensoviel Sorgfalt, Recherche und Liebe zur Sprache geschrieben sind, hat das Ganze Potenzial zur neuen Kultserie. Ich jedenfalls habe Martin Conrath fest auf dem Schirm!

Mir fehlen die Worte, um nur annähernd zu beschreiben, wie begeistert ich von diesem Buch und seinem Autor bin. Daher mein abschließender Rat: unbedingt lesen!