Rezension

Wenn die Gesellschaft auf Kollisionskurs ist

The Passengers - John Marrs

The Passengers
von John Marrs

Bewertet mit 4 Sternen

Claire Arden ist hochschwanger und nimmt in ihrem selbstfahrenden Auto Platz. Nach der typischen Begrüßungsfloskel wird ihr vom fahrerlosen Fahrzeug mitgeteilt, dass es die letzte Fahrt ihres Lebens ist und in ca. 2 ½ Stunden ihre Zeit zum Sterben gekommen ist.

„The Passengers“ ist ein gesellschaftskritischer, dystopischer Roman, der dem Leser mit charmant-beißendem Unterton die Gefahr von selbstfahrenden Fahrzeugen vor Augen führt.

Ich habe von John Marrs zuvor „The One“ gelesen, das die moderne Gangart der Partnerwahl unter die Lupe nimmt. Diesmal war eine weitere hochaktuelle Entwicklung dran. Autor konzentriert sich auf eine Technik, die unser aller Alltag verändert.

Selbstfahrende Fahrzeuge sind ein zweischneidiges Schwert. Ich fände es praktisch, wenn mein Auto nicht mehr bedient werden müsste. Es ist eindeutig kostensparend, weil für einen Haushalt nur mehr ein Wagen notwendig wäre. Es spielt den ganzen Tag über Taxi und fährt nacheinander alle Bewohner zur Arbeit, holt sie vom Bahnhof ab oder kutschiert sie in der Gegend herum. 

Bei „The Passengers“ erörtert John Marrs Vor- und Nachteile dieser denkbaren Innovation auf eine amüsante Weise. Er diskutiert anhand eines spannungsreichen Romans, welche Gefahren mit dem selbstlenkenden Mobil einhergehen und woran es von vornherein zu denken gilt.

Dazu setzt er 8 Personen in solche Fahrzeuge und sie verlieren jede Kontrolle über ihre Fahrt. Die Wagen wurden gehackt. Sie steuern unaufhaltsam aufeinander zu und die Insassen haben den sicheren Tod im Blick. Die Pointe dieser Hinterlist ist, dass das Geschehen live auf diversen Social-Media-Kanälen gezeigt wird und zu einer Reality-TV-Show im Stil von Big Brother verkommt. Denn der Hacker räumt einem Fahrer das Überleben ein und das Publikum entscheidet, wer die Kollision unbeschadet übersteht.

Allein die Idee ist ausgezeichnet, bissig und bitterböse. Marrs nimmt die grundlegenden Bedenken zu selbstfahrenden Autos, setzt hochinteressante Personen rein, bringt alles live im TV auf Kurs und wickelt ein zynisches Social-Media-Ranking wie eine Schleife darum. Dieses Päckchen überreicht er dem Leser mit einem Augenzwinkern und einem schelmischen Grinsen, weil man damit die Mechanismen unserer modernen Gesellschaft in den Händen hält.

Mir hat es vortrefflich gefallen. Ich fand es recht dramatisch, mit der Situation konfrontiert zu werden und mich in die Figuren zu versetzen. Die Geschichten der beteiligten Charaktere sind perfekt in die Rahmenhandlung eingebunden und jede für sich wäre schon fast einen eigenen Roman wert. Es gibt zahlreiche Schockmomente, gesellschaftskritische Seitenhiebe und Situationen, bei denen vor Unglauben ein Lachen entfährt. Sobald sich die Geschichte etwas einpendelt, folgt der nächste Schlag, der dem Ganzen eines drauf setzt und den man kopfschüttelnd und bitterböse lachend zur Kenntnis nimmt. Marrs schenkt unserer Gesellschaft ordentlich ein, indem er mittels einer genial durchdachten Handlung einen Spiegel vor die Nase hält.

„The Passengers“ ist meiner Ansicht nach Thriller-Satire auf höchstem Niveau, die sich mit aktuellen Entwicklungen unserer Gesellschaft auseinandersetzt. Ich fand es packend, originell und raffiniert eingefädelt. Einzig, was mich von der vollen Bewertung abhält, ist, dass es mir zu glatt, zu durchdacht und zu berechnend erzählt ist. Ich habe das Gefühl, als ob ich perfekte Designerware bekommen hätte, die makellos, glänzend und wohlduftend über den überteuerten Ladentisch geht. 

Alles in allem ist „The Passengers“ ein großartiger, beeindruckender Roman, der zum bösen Schmunzeln genauso wie zum Nachdenken anregt und den Leser mit verblüffenden Wendungen bei der Stange hält. Ich mag John Marrs’ Art, über aktuelle Entwicklungen nachzudenken, und freue mich, dass es weitere Bücher des Autors gibt.