Rezension

Wenn ein Film zum Buch wird...

Das Verbrechen - David Hewson, Soren Sveistrup

Das Verbrechen
von David Hewson Soren Sveistrup

Bewertet mit 3.5 Sternen

Sarah Lund, 38, ist furchtlose Kommissarin bei der Polizei in Kopenhagen. Doch der grausame Mord an der neunzehnjährigen Nanna Birk Larsen, deren Leiche aus einem Kanal nahe der Hauptstadt von Dänemark gezogen wird, geht auch ihr nahe. Der Wagen, in dem sich die Leiche befand, gehört zum Fuhrpark von Troels Hartmann, dem liberalen Herausforderer des Bürgermeisters von Kopenhagen, und die Spuren des Verbrechens scheinen eindeutig in die Politik zu weisen ... Lund gelingt es in diesem hochspannenden Krimi, politische Abgründe, Intrigen und private Gewalt aufzudecken. Am Ende ist der Mörder gefunden, das Rätsel gelöst. Eine Überraschung - nicht nur für Kommissarin Lund, sondern auch für die Millionen Zuschauer der TV-Serie.

An ihrem letzten Arbeitstag bei der Kopenhagener Polizei wird Kommissarin Lund ins Marschland südlich von Dänemarks Hauptstadt gerufen. Ein Spaziergänger hat dort blutbesudelte Kleidung gefunden und die Polizei gerufen - eine mutmaßliche Straftat? Als die Suche nach weiteren Spuren schon aufgegeben werden soll, führen Lunds Scharf- und v.a. ihr Eigensinn doch noch zu der Leiche der 19jährigen Nanna Birk Larsen.
Obwohl Lund am nächsten Tag eigentlich mit ihrem Sohn nach Schweden ziehen will, halten sie die Ermittlungen in Kopenhagen gefangen. Gemeinsam mit ihrem Nachfolger Kommissar Meyer beginnt sie erste Spuren zu verfolgen.

Immer wieder jedoch führen die Spuren die Polizei in die Irre. Familie, Mitschüler, die Firma von Nanas Vater - überall gibt es Geheimnisse und tun sich Abgründe auf. Ganz kompliziert wird es, als die Ermittlungen auch in die Sphären der Politik führen. Mitten im Wahlkampf, tobt in Kopenhagen der Polit-Krieg, und wie mit Tretminen versehen ist da plötzlich die Landschaft der Mordermittlungen. Anwälte, geheime Maulkörbe, suspendierte Polizeichefs - kein Register, das da nicht gezogen wird. Politische Abgründe, Intrigen und Gewalt hindern Kommissarin Lund jedoch nicht ernsthaft, immer wieder ganau hinzuschauen...

Kommissarin Lund ist ein komplizierter Charakter. Ständig setzt sie sich über dienstliche Anweisungen hinweg, versucht vieles im Alleingang zu bewältigen und ist zwar mit einem terrierhaften Spürsinn versehen, was die Ermittlungen anbelangt, dafür aber ohne Gespür für sich und ihre direkte Umwelt. Ständig stößt sie Kollegen und v.a. nahe Angehörige vor den Kopf, indem sie eigenmächtige Enscheidungen trifft ohne nach links oder rechts zu sehen. Einzig die Auflösung des Falles als Ziel vor Augen, zahlt Kommissarin Lund privat letztlich keinen kleinen Preis. Teilweise erscheinen diese Charakterzüge sehr überzogen und wenig erklärlich, die ganze Figur der Kommissarin Lund wird dadurch für mich fast durchgehend unsympathisch.
Aber auch die Exkurse in den Bereich der Politik geraten nach anfänglicher Spannung in eine Art Wiederholungsschleife. Über Leichen gehen, Intrigen, Lügen - nichts wird ausgelassen, um den politischen Gegner zu übervorteilen. In dieser epischen Breite dargeboten, wird man schon vom bloßen Lesen der Politik müde und wahlverdrossen.

Insgesamt erscheint mir der Krimi mit seinen 800 Seiten ein wenig zu lang geraten. Ein paar überraschende Wendungen zu viel, immer wieder der Neubeginn der Ermittlungen bei Punkt Null - etwas zu langatmig und überzogen nach meinem Gefühl. Die Auflösung dann zwar überraschend, aber nach all den Hakenschlägen zuvor dann bei mir doch nur noch ein: "Ach, ja?"-Effekt. Ehrlich schade.
Angelegt war die Geschichte als mehrteilige Fernsehserie und wurde erst im Nachhinein als Roman verfasst. Vermutlich liegt hier der Kern der Langatmigkeit. Um die Zuschauer auch über mehrere Folgen in Atem zu halten, sind derart zahlreiche Wendungen wohl unumgänglich. In schriftlicher Fassung allerdings wirkt dies wie geschildert eher ermüdend.

Gelungen allerdings ist die intensive Schilderung der Gefühle von Nanas Familie nach der Ermordung der Tochter. Derart eindringlich habe ich selten so mitempfunden wie in diesem Fall. Dafür ein Lob an den Autoren.

Insgesamt ein interessantes Experiment: vom Film zum Buch - jedoch für mich zu langatmig mit fast durchweg unsympathischen Charakteren und nur streckenweise gelungen.

© Parden