Rezension

Zäh und manieriert

Transatlantik - Colum McCann

Transatlantik
von Colum Mccann

Bewertet mit 3 Sternen

1919, 1845, 1998, 1863, 1929, 1978, 2011
Hier wird eine Familiengeschichte erzählt, die über vier Generationen geht.

1846 wandert das Dienstmädchen Lily nach Amerika aus, um der Not in Irland zu entkommen. Sie fasst dort Fuß und erlebt den Sezessionskrieg.
Emily, Liliys eigenbrötlerische Tochter, wird eine begehrte Zeitungsreporterin. Ihre Tochter Lizzie unterstützt sie als Fotografin. Auf einer Recherchereise nach Irland verliebt sich Lizzie, und zieht wieder in das Geburtsland ihrer Großmutter.
2011 ist Lizzies Tochter Hannah alt und allein in Irland. Sie hat einige Schicksalsschläge erlitten. Und dann ist da noch ein geheimnisvoller Brief, der ungeöffnet von Tochter zu Tochter weitervererbt wurde. Hannah hat keine Tochter, soll sie ihn öffnen?

Man bemerkt erst etwa nach der Hälfte des Buches, dass man tatsächlich eine Familiengeschichte lesen könnte. Zunächst werden, quer durch die Zeit, Episoden historisch relevanter Ereignisse erzählt, bei denen Lily, Emily, Lizzie oder Hannah als Randfiguren auftauchen.
Eines haben diese Geschichten gemein: Sie zeichnen ein eindringliches Bild von Irland im Wandel der Zeiten. Ein schönes Land mit aufgeschlossenen, herzlichen Menschen, dass aber immer wirtschaftliche und politische Probleme hat. Leben in Irland war hart zu jeder Zeit.

Der Schreibstil ist eigen. Vorwiegend knappe, nüchterne Sätze. Erstaunlich viele fangen mit "Er..." oder "Sie..." an, was bisweilen wie eine Aufzählung der Ereignisse klingt. Dazwischen liest man dann poetische Schlenker, die man mögen muss, um an diesem Buch Spaß zu haben.
"Dann ziehen knicksend Wolken auf, Regen kniet sich auf das Land"
Für meinen Geschmack ist so etwas zu manieriert. Ich mag es lieber zufällig schön, als gewollt poetisch.
"In seinen Gedanken geschah eine Lockerung."
Und an solchen Stellen fragt man sich, ist das jetzt originell oder eine schlechte Übersetzung.

Die Familiengeschichte erschließt sich nach und nach. Man erhält Puzzleteilchen aus verschiedenen Zeiten, die am Ende ein Bild ergeben. Einige Hinweise werden auch als Erinnerungen erzählt. Das heißt, die Geschichte springt nicht nur in der Zeit vor und zurück, sondern arbeitet zusätzlich mit Rückblenden. Man muss sehr konzentriert lesen, damit einem nichts entgeht. Es ist auch nicht empfehlenswert, das Buch länger zu unterbrechen, weil man dann dann wichtige Details übersieht.

Eigentlich passiert viel über die Jahre hinweg. Da gibt es mehrere Kriege, Schicksalsschläge, Unruhen in Irland und sogar bahnbrechende technische Errungenschaften. Aber der Leser ist nur bei sehr wenigen spannenden Ereignissen dabei. Vieles wird erst im Nachhinein erzählt.
Ich empfand dieses Buch als lang und zäh.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 23. August 2018 um 18:14

Oh, gut, danke für die Warnung. Könnte an der Übersetzung liegen. Obwohl es drauf ankommt. Der Regen kniet sich auf das Land, kann schön sein, und literarisch - und genau so gut Mist. Mal schaun,  irgendwann.