Rezension

Zwischen Traum und Wirklichkeit

Die Worte der weißen Königin - Antonia Michaelis

Die Worte der weißen Königin
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 4.5 Sternen

Es ist schwierig, dieses Buch in ein Genre einzuordnen. Es ist kein Fantasy, aber es ist auch nicht immer realistisch. Immer wieder vermischt sich Traum mit Wirklichkeit.

Man muss sich darauf einlassen, aber wenn man das tut, dann kann man sich von der märchenhaften Atmosphäre mitreißen lassen. Vieles erschließt sich dem Leser schnell, einige Dinge lassen sich nicht erklären. Genau das macht diesen besonderen Stil aus, den ich mochte.

 

Ich habe nur einen einzigen Kritikpunkt: Lion wirkt für seine zehn Jahre manchmal fast ein wenig zu naiv. Andererseits kommt er auch aus einer bildungsfernen Schicht.

Als Erwachsener aus der einfachen Sicht eines Kindes zu schreiben und seine Gedanken darzustellen ist ein Kunststück, das Antonia Michaelis gelungen ist. Sowohl in Lions Rückblick als Fünfjähriger als auch später als Zehnjähriger schafft sie es, seine Gedanken authentisch und nachvollziehbar darzustellen, sodass der Leser mit ihm mitfühlen kann.

 

Die Gefühle werden gut übermittelt und am Ende hatte ich sogar Tränen in den Augen. Ich war oft schockiert über diese brutale Gewalt gegenüber einem unschuldigen Kind.

Kindermisshandlung ist ein ernstes Thema, dass von der Autorin schockierend vermittelt wird. Gleichzeitig zeigt sie aber auch Motive auf und das Ende war ganz in ihrem Stil (soweit ich das nach zwei Büchern beurteilen kann ^^) überraschend, aber doch irgendwie realitätsnah.

 

Es gibt nicht viele Charaktere, im Vordergrund steht Lion auf seiner Suche nach einer alten Frau, die ihm früher vorgelesen hat und die er bewundert, während er gleichzeitig vor seinem gewalttätigen Vater flüchtet. Auf seinem Weg begleiten ihn in erster Linie die ihm zutraulichen Seeadler. Dennoch sind alle Charaktere vielschichtig aufgebaut und haben ihre eigene Geschichte.

 

Der Schreibstil ist bildlich und gleichzeitig auch irgendwie schlicht, auf jeden Fall aber flüssig zu lesen. Es ist nicht direkt eine ereignisreiche, riesige Spannung vorhanden, eher eine unterschwellige, zum Weiterlesen drängende.

Es gibt einige Metaphern, wie zum Beispiel die des schwarzen Königs, aber auch die des Seeadlers. Dabei wirkt die Geschichte trotz der verschwommenen Traumaspekte durchdacht.

 

Fazit: Ein Buch voller Metaphern über ein ernstes Thema, eine Geschichte zwischen Traum und Wirklichkeit.