Rezension

Anspruchsvolle Unterhaltung

Der eiserne Herzog -

Der eiserne Herzog
von Ulf Schiewe

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein sehr gut recherchierter Roman mit der Liebe zu historischen Details. Ich mochte vor allem die Interpretation der Figuren.

11.Jh.n.Chr.: Guilhem (Wilhelm) ist der Herzog der Normandie. Doch diese Stellung musste er sich hart erkämpfen. Er hielt seit seiner Kindheit seinen Feinden stand und schlägt am Ende auch noch die letzte Revolte nieder. Derart gestärkt wirbt er nun mit Erfolg um die schöne Matilda, und wird bald darauf von seinem Onkel, König Edweard von England, zum Thronerben erklärt. Guilhems Leben und Wirken könnte nicht besser sein, wären da nicht die perfiden Ränke am englischen Hof und sein Gegner Harold Godwinson, der ebenfalls ein Anrecht auf die Königswürde erhebt.

Ich verfolge Ulf Schiewes Werke nun schon seit ein paar Jahren mit Begeisterung, und war daher sehr gespannt, in welche Zeit und Kultur er mich mit seiner diesjährigen Neuerscheinung entführen würde. Als ich dann das hochwertige, ansprechende Cover zum ersten Mal sah, freute ich mich umso mehr, mit dem „eisernen Herzog“ wieder einmal einen von mir noch unentdeckten Geschichtsfaden näher in Augenschein nehmen zu dürfen. Unwahrscheinlich hilfreich empfand ich in diesem Fall das Verzeichnis der Orts- und Personennamen und auch die Landkarte im Innenteil des Einbandes.

Abgesehen von den historischen Fakten, die ausgezeichnet recherchiert wurden, sowie dem umfangreichen Detailwissen, mochte ich die Ideen des Autors, die fiktiven Elemente, welche sich um tatsächliche Gegebenheiten woben und mir damit ein angenehmes Lese- und Lernerlebnis ermöglichten.

So erfuhr ich die Geschichte um Wilhelm den Eroberer, mit allen überlieferten, wie auch fiktiven Machtkämpfen und Intrigen, der Rohheit der damaligen Zeit, die sich teilweise auch in Dialogen niederschlug, mit grausamen Entscheidungen, aber auch mit der großen Liebe des charismatischen Führers zu Matilda von Flandern. Ich registrierte hier nicht nur die kriegerischen Ambitionen der Völker, sondern freute mich ebenfalls über freundschaftlichen und respektvollen Umgang mit Freund und Feind.

Guilhem zeigte sich mir in dieser Geschichte als Ehrenmann, der Eroberungen und gewalttätige Auseinandersetzungen nicht zum Zeitvertreib betrieb, sondern die Grenzen seines Landes verteidigte und für sein Geburtsrecht kämpfte. Ich mochte den eisernen Herzog, denn er wirkte klug, freundlich, gerecht und verständnisvoll und blieb dabei zielorientiert und besonnen. Vor allem die etwas tiefer gehenden Gespräche, die der Protagonist mit seiner Frau oder anderen Figuren des Romans führte, bewegten mich sehr. Sie hauchten den Charakteren Leben ein, und ließen mich einen Blick auf die Menschen hinter den Titeln werfen.

Neben den sagenumwobenen Hauptakteuren gefiel mir vor allem die Interpretation der Frauenfiguren, welche stets mit Willensstärke und Fürsorge an der Seite ihrer Männer standen. Schön, dass hier auch die Gattinnen eine Stimme hatten, die sich nicht nur in Familienfragen, sondern ebenso in der wertvollen Unterstützung und Beratung in politischen Fragen ausdrückte.

Beeindruckend kam allerdings der bildgewaltige Showdown, die Schlacht von Hastings, daher. Von der Planung bis zum letzten Schwerthieb wurden mir nochmals die taktischen Fähigkeiten der Eroberer vor Augen geführt. Letztlich aber auch das Leid des Volkes, welches dabei unbarmherzig ausgebeutet wurde. Leider endete die Geschichte nach meinem Empfinden zu abrupt, ich hätte mir nach dieser aufreibenden Schlacht noch ein paar Kapitel als Cool Down, mit einem Zukunftsausblick der Charaktere gewünscht. Diese Informationen kann man allerdings den Anmerkungen des Autors, am Ende des Buches entnehmen.

„Der eiserne Herzog“ hat mich letztlich sehr gut unterhalten. Dieser Roman glänzt mit mehr als nur mit kriegerischen Auseinandersetzungen oder ausgeklügelter Kampfplanung. Auch hinreißende Liebeserklärungen oder fiese Intrigen haben hier ihren Platz. Anspruchsvolle Unterhaltung, die ich wirklich gerne weiterempfehle. / 4,5 Sterne