Rezension

Auf die Barrikaden!

Engel des Todes -

Engel des Todes
von Thomas Ziebula

Bewertet mit 3.5 Sternen

In Leipzig ist die Hölle los. Kaisertreue, Sozialisten, Kommunisten und Militärs mischen nach dem Kapp-Putsch in Berlin die Leipziger Innenstadt auf und stürzen die Stadt in ein bürgerkriegsähnliches Chaos. Mittendrin wandert der Engel des Todes durch die Straßen, um seine eigene blutige Abrechnung durchzuführen. Paul Stainer findet keine Möglichkeit zur Ruhe zu kommen und muss sich mit grausamen Morden, fehlgeleiteten Kugeln, zu kaisertreuen Kollegen und eigenen Herzensangelegenheiten auseinandersetzen.

Thomas Ziebulas dritter Band um Kommissar Paul Stainer enttäuscht nicht und überzeugt mich bereits allein durch seine historischen Bezüge. Wohl kenn ich den Kapp-Putsch als Begriff und Ereignis auf dem Weg zur Weimarer Republik, aber richtig verstanden, um was es eigentlich damals ging, habe ich erst durch die aktuelle Lektüre. Es ist eben doch etwas ganz anderes, wenn politische Entwicklungen mit fiktiven Figuren verbunden und Zusammenhänge durch nachvollziehbare Handlungen dargestellt werden. Sachliche Lexika-Einträge hingegen bleiben abstrakt und stellen die verschiedenen Hintergrundebenen nie vollumfänglich und verständlich da. Für mich die wirklich große Stärke des Autors, dass er versucht, seine Figuren in möglichst authentische Settings zu stellen und eine bzw. mehrere Geschichten zu finden, die genau dort hineinpassen. Mitreißend erzählen kann Ziebula natürlich auch, mit relativ konstant hoch gehaltenem Spannungsbogen, überraschenden Wendungen und wohl platzierten Schreckmomenten. Ein Autor, der sein erzählerisches Handwerk nicht erst seit gestern beherrscht und mich mit jedem Roman mehr für sich einnimmt. Einziger Wermutstropfen des aktuellen Buches – ich fand die finale Zuspitzung der Handlung um den Engel des Todes durch die Perspektivgestaltung doch fast vorhersehbar. Möglicherweise sollte das aber auch genau so sein und die tragische Entwicklung gewisser Figuren noch stärker herausarbeiten, um mich als Leser auch auf der Gefühlsebene anzusprechen. Erfolgreich, wie ich wohl zugeben muss.