Rezension

C'est la vie?

Dein eines, wildes, kostbares Leben - Jessi Kirby

Dein eines, wildes, kostbares Leben
von Jessi Kirby

Bewertet mit 4 Sternen

Parker Frost hat ihr Leben lang dafür gekämpft, nach Stanford gehen zu können. Nun hat sie die Zusage, aber nicht die finanziellen Mittel dafür. Alerdings gibt es in ihrer Stadt ein Stipendium, welches ihr ihren Traum ermöglichen könnte. Gerade dieses Stipendium existiert aber nur, weil damals zwei Jugendliche auf tragische Weise ums Leben kamen. Diese haben indirekt ihr ganzes Leben bestimmt. Parkers Aufgabe ist es, die Tagebücher von der damaligen Abschlussklasse von vor zehn Jahren zu verschicken. In diesem Abschlussjahrgang waren auch die zwei Toten vertreten - und so fällt ihr das Tagebuch der Verstorbenen Julianna in die Hand. Das ganze Tagebuch nimmt Stellung zu der Frage "Sag mir, was hast du vor mit deinem einen, wilden kostbaren Leben?"
Genau um diese Fragestellung wird sich nun auch Parkers ganze Gedankenwelt drehen, die Juliannas Tagebuch förmlich verschlingt.

Ich hatte große Erwartungen an dieses Buch, weil allein der Titel schon so vielversprechend klang. Gerade die Prozesse der Identitätsfindung faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Dementsprechend habe ich in diesem Bereich schon viel gelesen und wusste, das es schwer werden würde, diesem gerecht zu werden. Leider wurde ich auch in gewisser Weise enttäuscht.

Mir hat es gar nicht gefallen, wie sich die Hauptfigur Parker in diesem Roman entwickelt hat, weil ich es für unrealistisch halte. Sie beginnt zu rebellieren - soweit, so gut. Aber die Entscheidungen, die sie am Ende trifft, halte ich für absolut irreal. Zugleich bekommt sie auf einmal von ihrem Umfeld sehr große Unterstützung, mit welcher sie vorher nicht rechnen konnte. Ja, genau dieses "Happy End" stört mich am Ende irgendwie, weil es ein offenes Ende hat. In ihrer derzeitigen Situation fühlt man sich nicht so sicher, wie sie es tut. Sie ist zufrieden und fühlt sich befreit - aber so, wie die Situation dargestellt wird, passt das nicht zu ihrem Leben.

Ich fand es äußerst schade, dass so ein Schwerpunkt auf das Tagebuch gelegt wurde. Die Geschichte um Julianna war viel intensiver erzählt als Parkers eigentliche Geschichte, was ich sehr schade fand. Denn mit Julianna wurde ich nie warm - mit Parker hingegen konnte ich mich hingegen bis kurz vor dem Ende eigentlich immer identifizieren. Dieses Buch will viel, aber zugleich auch zu viel. Es hat so viele Handlungsstränge, dass es keinem von diesen jemals wirklich gerecht wird. Hier wird unheimlich Potenzial vergeudet!

Dennoch fand ich die Grundidee insgesamt sehr schön, weil sie auch zum Nachdenken anregt. Der Schreibstil ist angenehm und lässt einen das Buch verschlingen. Auch die Einschübe von Robert Frosts Werken fand ich immer wieder schön. :)
Insgesamt würde ich das Buch dennoch jedem empfehlen, weil es einen dazu inspiriert, über sein eigenes Leben und dessen Bedeutung genauer nachzudenken!