Rezension

Die eigenwilligen Frauen der Familie Fuchs

Eifelfrauen: Das Haus der Füchsin -

Eifelfrauen: Das Haus der Füchsin
von Brigitte Riebe

„Lisbeth ist tot. Das Haus Nummer achtzehn wartet auf Sie, soll ich ausrichten.“ (S. 41) An Johannas 21. Geburtstag taucht plötzlich eine Fremde in der Villa ihrer Eltern auf und sagt ihr, dass sie das Haus ihrer bis dato unbekannten Tante in der Eifel geerbt hat. Elisabeth war die jüngste Schwester ihres Vaters und wurde von der gesamten, sehr weitläufigen Familie totgeschwiegen. Gegen den Rat ihrer Eltern fährt Johanna nach Altenburg. Schon bei der ersten Besichtigung fühlt sie sich angekommen. Das kleine Haus mit der blauen Tür und der dazugehörige Hof vermitteln ihr sofort ein Gefühl von Heimat. Außerdem spürt sie eine Verbindung zu Lisbeth und der Füchsin, die nachts ihren Garten besucht, ist sie doch die Personifizierung ihres Nachnamens „Fuchs“. Gegen den Rat ihrer Eltern zieht sie dorthin. „Ich will mich spüren, herausfinden, was mir liegt, was ich möchte. Lisbeths Haus birgt so viele Geheimnisse. Die will ich am liebsten alle ergründen.“ (S. 65)

 

Johannas Entscheidung spaltet die Familie. Ihre Eltern und ihr Bruder Georg wenden sich von ihr ab, während dessen Zwillingsbruder Christoph und andere Verwandte sie für ihren Mut zum einfachen Leben bewundern und unterstützen.

 

Das Leben auf dem Dorf ist nicht einfach. Die Einwohner betrachten die „verwöhnte Bürgerstochter“ mit Misstrauen, keiner traut ihr zu, den kleinen Hof, zu dem u.a. auch Hühner, Ziegen und ein Nutzgarten gehören, betreiben zu können. Johanna, die sehr behütet aufgewachsen ist, muss plötzlich einen Haushalt führen. Zum Glück lernt ihre Nachbarin Kätt sie bei allem an. Sie werden Freundinnen und kommen zusammen bald noch einem weiteren Familiengeheimnis auf die Spur.

 

Johanna wird Lisbeth immer ähnlicher. Beide haben die schützende Hülle ihrer Familie verlassen und ein selbstbestimmtes, freies Leben ohne die Bevormundung eines Vaters oder Ehemanns gewählt. Außerdem ist sie vom ersten Augenblick an von den Tonfiguren und Zeichnungen begeistert, die Lisbeth geschaffen hat. Auch darin eifert sie ihr nach, muss aber lange üben, bis sie den Werkstoff Ton begreifen und in die gewünschten Formen bringen kann. Doch dann feiert sie erste Erfolge als Künstlerin. Durch die Füchsin begegnet sie ihrer großen Liebe und muss feststellen: „Für die Liebe braucht man immer Mut, sonst wird das nichts.“ (S. 172)

 

Die Geschichte beginnt 1920. Familie Fuchs lebt in dem durch Frankreich besetzten Gebiet und die politischen Ansichten der Einzelnen sind sehr verschieden. Obwohl sie (z.T. konvertierte) jüdische Angehörige haben, schließt sich Georg schon der früh den Nationalsozialisten an und wird ein sehr strammer Verfechter derer Ideologie. Dazu tragen auch die sich rapide verändernde politische und wirtschaftliche Lage (Weltwirtschaftskrise, Inflation) bei.

 

Brigitte Riebe hat mich wieder von der ersten Seite an in den Bann dieser extrem bewegenden und fesselnden, gut recherchierten Familiengeschichte gezogen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe es an nur 2 Tagen verschlungen. Sie beschreibt Johannas Hof, ihr Leben und die Eifel so bildlich, dass das Buch beim Lesen wie ein Film in meinem Kopf mitlief.

Johanna ist eine starke, mutige und unkonventionelle Frau, die für ihr eigenes Glück und das ihrer Wahlfamilie auf vieles verzichtet – aber eben nicht auf Liebe, ihre Freiheit und Unabhängigkeit. 5 Sterne für dieses #lesehighlight.