Rezension

durchschnittlich, hab ich mir mehr darunter vorgestellt, teils zu vollgepackt

Zersetzt
von Michael Tsokos Andreas Gößling

„Zersetzt“ von Michael Tsokos ist der zweite Teil von bisher drei Bänden, die er mit Andreas Gößling zusammen geschrieben hat. Schade, dass der zweite Autor nicht mit auf dem Cover vertreten ist. Aber der Name Tsokos zieht, schließlich ist er bereits sehr bekannt und hat auch mit anderen Autoren Thriller und Sachbücher geschrieben. Darunter „Deutschland misshandelt seine Kinder“ mit Saskia Guddat und „Abgeschnitten“ mit Sebastian Fitzek; deren Namen im Übrigen auf den Buch-Covern aufgeführt sind.
Die Figuren im Thriller von Tsokos entspringen laut seinen Angaben wahren Verbrechen, die er nun weiter ausbaut und romanhaft verarbeitet. Hier wirkt Dr. Fred Abel, der sehr viel zu tun hat. Nicht nur, dass er seinen großartigen Chef, Professor Paul Herzfeld, in vielen Dingen vertreten, sondern einen in seinem Fach zwar versierten aber auch schwierigen Untergebenen, Dr. Martin Scherz, immer wieder einfangen muss. Dieser geht mit seinen doch sehr abstrusen Vermutungen über Tatumstände auch noch an die Öffentlichkeit, wenn man nicht schnell genug handelt.
Die Sprache, der sich die Autoren bedienen, wirkt meist grobschlächtig, direkt, abgeklärt, hart und für einen „Literatur Spiegel Bestseller“ weder tiefgründig noch im Gedächtnis hängen bleibend. Im Grunde sind es drei Geschichten, die um die Aufmerksamkeit der Leserschaft buhlen. Da geht es zum einen um das Thema Waterboarding, die Opfer werden ausgerechnet im Regierungsviertel aufgefunden. Eine Arbeitsgruppe wird gebildet mit zwei eifrigen Kommissaren, einem Schreibtischhengst, der diplomatisch zwischen allen Parteien vermitteln soll und Dr. Abel. Dann ist da der Todesfall, der nur durch sehr guter Aufmerksamkeit einer Ärztin nochmals genauer betrachtet wird; eine Einstichstelle wird entdeckt bei einem an einer angeblich schweren Krankheit verstorbenen Person, nur dass die Ursachen und Folgen der zum Tode führenden Erkrankung nicht bestätigt werden können. Also Mord? Dr. Abel lässt die Tatumstände in die Vergangenheit schweifen. Außerdem muss Abel nach Transnistrien, um im Zustand der Zersetzung stehende Personen wieder ihre Namen zu geben. Dabei wird er von konkurrierenden Parteien des Landes bedroht, gejagt, bestochen, belogen und betrogen.
Jede Geschichte einzeln erzählt würde bereits einen sehr guten Roman füllen. Hier werden sie verschachtelt erzählt. Allerdings nicht im schnellen Rhythmus, sodass man beständig informiert wird, wie es nun um die einzelnen Begebenheiten steht, sondern man bleibt in langen Phasen bei einer hängen. So übertrieben die Geschichten bisweilen daherkommen, kann man sich dennoch hineinversetzen und gut vorstellen, dass es so und noch schlimmer kommen kann. Dass die Figur des Dr. Abel einmal bei der Bundeswehr speziell ausgebildet wurde, was ihm in Transnistrien nun sehr gelegen kommt, wird mir zu oft erwähnt. Dem, ich nenne ihn mal Spionage-Krimi-Teil, stehen all die Zufälle, die ihm bei diesem Einsatz dienen, um zu überleben, aber gut zu Gesicht, es wirkt ausgesprochen männlich auf die Leserschaft. Der Titel des Thrillers passt vor allem bei der Waterboarding-Story, wird hier doch die Zersetzung der Gesellschaft durch politische Themen gut dargestellt. Hier hat Dr. Scherz seinen großen Einsatz. Und ich muss hier nochmals betonen, dass gerade dieser Teil mit all seinen Protagonisten ein eigenes Buch und viel ausführlicher mit allen Facetten bestimmt ein Bestseller geworden wäre. Die dritte Geschichte, mit der das Buch im Prolog startet, ist nun ein typischer Psycho-Thriller mit den üblichen Zutaten und üblichem Ende, vielfach so bei anderen gelesen.

Mehr über den Autor zum Beispiel unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Tsokos