Rezension

Ein Auftakt nach Maß! Eine Familiensaga, die zu fesselnd weiß!

Blankenese - Zwei Familien -

Blankenese - Zwei Familien
von Michaela Grünig

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Blankenese - Zwei Familien: Licht und Schatten“ war für mich ein gelungener Auftaktroman einer tollen Familiensaga, bei dem der Funke beim Lesen langsam aber stetig immer mehr auf mich übergesprungen ist. Wunderbare facettenreiche Charaktere der gesellschaftlich so unterschiedlichen Familien Casparius und Hansen, eine hervorragende Einbindung der wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Lage Deutschlands in der Zeit von 1919-1939 und das Flair der hanseatischen Stadt Hamburg haben dieses Buch zu einem besonderen Lesevergnügen gemacht. Die Geschehnisse in dieser Geschichte unterstreichen wie wichtig es ist, dass der Holocaust nie vergessen und immer wieder mahnend in Erinnerung gerufen werden sollte. Dies ist der Autorin hier sehr eindringlich, bedrückend und atmosphärisch gelungen!

Durch eine schicksalhafte Fügung und ein Missverständnis lernen sich Reederssohn John Casparius aus Blankenese, der jüdische Wurzeln in sich trägt und die aus einfachen Verhältnissen kommende Leni Hansen am Elbufer kennen und keiner von beiden ahnt in dem Moment, was für ein aufwühlender gemeinsamer Lebensweg vor ihnen liegt. Kann ihre beginnende Liebe dem Druck der Familien und anderen Widrigkeiten standhalten? Ich war gespannt darauf. Michaela Grünigs warmherzige, bildhafte und fesselnde Erzählweise hat mich schon bei ihrer Palais Heiligendamm Reihe begeistert und meine Vorfreude auf ihr neuestes Werk war daher sehr hoch. Auch dieses Mal wurden meine Erwartungen zum großen Teil erfüllt. Eine Liebesgeschichte mit vielen emotionalen Schwankungen zwischen John und Leni, Standes- und Gesellschaftsdünkel, unterschiedlichen Lebensauffassungen und -bedingungen beider Familien, ihr langsames Kennenlernen und mehr oder minderes Zusammenwachsen, eine Wirtschaftskrise unter der alle leiden und die Machenschaften des erstarkenden Naziregimes mit denen sich einige arrangieren und wiederum andere zu kämpfen haben, erwartet den Leser. Die daraus resultierende Dramatik und Spannung haben sich im Laufe der Geschichte immer mehr gesteigert, sodass ich die letzten 100 Seiten gefühlt nur inhaliert habe. Je bedrohlicher die Lage für die jüdische Bevölkerung wurde, umso mehr hatte ich Angst um alle liebgewonnenen Charaktere. Die ganze Zeit lag dabei so eine unheilvolle und atmosphärische Spannung in der Luft. Eine Szene im Buch hat mir als Mutter fast das Herz zerrissen und ich konnte meine Tränen in dem Moment nicht zurückhalten.

Michaela Grünigs Charaktere waren durchweg wieder sehr vielschichtig und hatten alle Ecken und Kanten. Meine zwei Lieblingsfiguren waren Leni und ihre Mutter Irma. Beide sind zwei ganz tolle Frauen, die selbstbewusst und engagiert durchs Leben gehen, sich ständig weiterentwickeln und sich für das Wohl ihrer Familie und ihren Mitmenschen einsetzen. Meine Sympathie für John ist erst im Laufe der Geschichte gewachsen, da er mich anfänglich nicht so an seinen Emotionen und Gedanken hat teilnehmen lassen. Manche seiner Entscheidungen konnte ich gerade in Bezug auf seine Liebe zu Leni nicht nachvollziehen, aber dies änderte sich im Laufe der Geschehnisse. Einen großen Reiz haben für mich in der Geschichte auch die polarisierenden Charaktere Felix Mansfeld, Veit Casparius und Heinz Hansen ausgemacht, die mich durch ihre selbstsüchtige, abgebrühte und empathielose Art und Weise ihres Handelns immer mal wieder geschockt haben und denen ich die ganze Zeit nicht über den Weg getraut habe. Viele weitere Protagonisten haben diesen Roman noch bereichert, die ich nicht alle aufzählen möchte, auf deren weiteren schicksalhaften Weg ich aber schon sehr gespannt bin.

Mein Fazit:

Ein wunderbarer historischer Roman mit einem sehr dramatischen und offenen Ende, der mich einer Fortsetzung entgegenfiebern lässt. Ich vergebe gerne eine Leseempfehlung und hochverdiente 4,5 Sterne!