Rezension

Erschreckendes Thema; unglaublich fesselnd

Der Feind
von Christine Brand

Bewertet mit 4.5 Sternen

In "der Feind" bündelt Christine Brand zwei sehr komplexe Themen zu einem brisanten und unbedingt lesenswertem Krimi.

Es beginnt mit einem Amoklauf in einer Frauendisco, bei dem unter zahlreichen anderen Frauen, auch die Lebenspartnerin der Ermittlerin Bettina getroffen wir. Getrieben von der Angst um ihre im Koma liegende Freundin und von nagender Rachsucht schafft Bettina es sehr schnell den Amokschützen dingfest zu machen. Dessen Vernehmung und die Durchleuchtung seiner Person stossen die Mordkommission, die Journalistin Mila und damit den Leser auf eine unbekannte, aber äusserst gefährliche Männergemeinschaft: die Incel-Szene. Hier schliessen sich Männer mit einem geringen selbstwertgefühl, Versagensängsten und Minderwertigkeitskomplexen zusammen um diese, ihre Probleme gemeinschaftlich auf eine Verantwortliche zurückzuführen; DIE FRAU. Sie schüren gegenseitig ihren Hass auf die vermeintlich Schuldigen und stacheln sich gegenseitig an, diese zu eliminieren.  

Parallel treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der es auf Männer abgesehen hat. Sie werden kaltblütig ermordet und dann für die Ermittler in Szene gesetzt. Alle tragen rote Stöckelschuhe, eine Pestmaske und eine Kindersocke über ihrem Glied. Lange tappen Polizeichef Sandro und sein Team auf der Suche nach dem Täter im dunkeln, bis Bettina eine Spur entdeckt, die auf den leitenden Staatsanwalt Kai als Mörder hindeutet. Kurz vor Schluss gibt es dann jedoch noch eine überraschende Wende, die Kai entlastet und die wahre Täterschaft ans Licht bringt.

Von der ersten Seite an hat mich das Buch gefesselt, ich konnte kaum aufhören zu lesen. Mit spannenden Cliffhangern schafft die Autorin einen gradezu durch das Buch zu jagen. Äusserst passend, da auch die Taten und Informationen Schlag auf Schlag auf die Protagonisten einprasseln. Durch die ständigen Perspektivwechsel hat man schnell einen Überblick über die handelnden Personen bekommen. Jede einzelne hat einen eigenen und sehr verschiedenen Charakter, der jeweils gut herausgearbeitet ist und dem Leser das Gefühl gibt (auch ohne die vorherigen Bände gelesen zu haben) die Protagonisten schon lange zu kennen.

Die Themen Incels, der damit verbundene Frauenhass, Transgender und Vergewaltigung in ein einziges Buch zu packen finde ich mutig. Trotz der Masse an Informationen schafft es Christine Brand mit ihrem Buch Dinge in die Öffentlichkeit zu bringen, über die dringend gesprochen werden muss. Sie schafft es die Grundproblematiken und -gedanken der jeweiligen Thematik auf den Punkt zu bringen und dem Leser damit ein Basiswissen zu vermitteln, welches hoffentlich möglichst viele zu Eigenrecherchen anregt und sich kritisch damit auseinander zu setzen.

Natürlich kommen trotz der vielen ernsten und erschreckenden Themene auch der Humor und die Liebe nicht zu kurz. Immer wieder brachte mich Situationskomik zum schmunzeln. Die verschiedenen Formen in denen Liebe und Zuneigung aufgezeigt werden ist für mich ein wunderschönes Zeichen für unsere bunte und diverse Welt.

Auf jeden Fall gebe ich eine absolute Leseempfehlung und wünsche allen viel Spass beim schmökern.