Rezension

Gelungen

Der Feind
von Christine Brand

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Kriminalroman, der sehr viele Themen aufgreift und zur Diskussion stellt. Der Prolog fängt mit einer Vergewaltigung an, die sich auf spätere Geschehnisse auswirken wird. Dann, im Hier und Jetzt, überschlagen sich die Ereignisse. Einerseits ein Amoklauf/Terroranschlag auf eine Frauendisco, zeitgleich das Auffinden eines Ermordeten, der auf bizzare Weise drapiert wurde. Dem folgen dann noch weitere Leichen. Das Team um Ermittler Sandro kommt sehr rasch an seine Grenzen, zumal Bettina, die eigentlich einen Teil der Ermittlungen leiten soll, unrund läuft, denn ihre Lebensgefährtin gehört zu den Opfern des Anschlags und liegt im Koma. Journalistin Milla indes, die über den Anschlag berichten soll und nebenbei auch über die Besonderheiten des Falles der ermordeten Männer stolpert, bringt sich und Freund Nathaniel in Gefahr, weil sie in der undurchsichtigen, aber offenbar brandgefährlichen Szene der Incel recherchiert. Im Zuge der Ermittlungen dringen immer mehr sehr verstörende Details und Zusammenhänge ans Licht und offenbaren einige sehr bedrückende Schicksale. Die Leserschaft kommt kaum hinterher, die vielen Themen zu verarbeiten, die hier nicht nur angeschnitten werden, sondern sehr deutlich ins Bewusstsein dringen. Von Vergewaltigung bis zum speziellen Frauenhass der Incel-Szene, von Männerhass und der Diskussion darüber, warum Vergewaltiger fast immer frei kommen, weil die Beweislast bei den Opfern liegt, bis Transsexualität und Selbstjustiz. Hier sind sehr viele Wendungen eingearbeitet und viele Schicksale thematisiert. Man könnte denken, man muss nicht eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte erzählen - was genau hier passiert. Aber die Umsetzung ist geschickt gelöst, so dass der Leser nicht der Menge an neuen Aspekten überdrüssig wird. Die Art und Fülle dessen, was einigen Protagonisten hier passiert, macht betroffen. Die Lektüre insgesamt gelungen.