Rezension

Ertrunken in den Dünen

Düsteres Watt -

Düsteres Watt
von Sabine Weiss

Bewertet mit 5 Sternen

Sylt im August. Kommissarin Liv Lammers und ihr Freund Sebastian genießen gerade ihren ersten gemeinsamen Urlaub, als die lauschige Ferienstimmung durch einen Leichenfund in den Wanderdünen bei List abrupt beendet wird. Bei dem Toten handelt es sich um Karl von Raboisen. Erste Erkenntnisse stellen die Ermittler vor ein Rätsel, denn der Spross eines alten holsteinischen Adelsgeschlechts scheint mitten in der Dünenlandschaft ertrunken zu sein…

Neben der Suche nach Karls Mörder hält auch das Verschwinden einer jungen Frau die Kommissare in Atem – Michelle Müller war mit ihrer Drohne in den Dünen unterwegs, hat beim Filmen des malerischen Sonnenaufgangs den Toten entdeckt und anonym bei der Polizei gemeldet. Seit dem ist sie spurlos verschwunden…

„Düsteres Watt“ ist bereits Liv Lammers sechster Fall - auch diesmal erwartet den Leser ein fesselnder Krimi mit einer abwechslungsreichen Handlung und vielschichtigen Figuren. Sabine Weiß kann vortrefflich erzählen. Sie versteht es ausgezeichnet, Situationen und Emotionen mitreißend darzustellen, so dass es mir ganz leicht gefallen ist, in die Handlung einzutauchen und mit den Akteuren mitzufiebern und mitzufühlen.

Im Fokus dieses Krimis steht die Familie von Raboisen. Alteingesessener Adel, hoch angesehen und steinreich. Doch der schöne Schein trügt – zwar geben sich die Herren von Raboisen nach außen edel und honorig, doch hinter der schillernden Fassade weht ein ganz anderer Wind: Familienpatriarch Eduard strotzt nur so vor Arroganz. Er herrscht mit harter Hand und drangsaliert sowohl Angestellte wie auch Familienangehörige. Auch Karl schreckte vor Gewalt nicht zurück und hat vor seinem Tod seine Frau Charlotte und seine Töchter Jennifer und Sophia erniedrigt, gegängelt und ausspioniert.

Nicht nur die wie eine Dunstglocke über der Insel hängende Hitze droht Liv und ihren Kollegen von der Kripo Flensburg die Energie zu rauben, auch die Ermittlungen im Hause Raboisen erweisen sich als äußerst anstrengend, denn irgendwie scheint fast jeder aus Karls Umfeld - ob nun geschäftlich oder privat - einen Grund gehabt zu haben, ihm den Garaus zu machen. Auch das unwirsche Verhalten Eduards, ein Sommerfest mit über einhundert Gästen aus Politik und Gesellschaft am Vorabend des Mordes sowie das öffentliche Interesse - handelt es sich doch bei den Raboisens um eine allseits bekannte Familie und bei Charlotte um eine aufstrebende Politikerin - machen den Fall für die Ermittler zu einer äußerst verzwickten Aufgabe. Falsche Fährten, mehrere Verdächtige und immer neue Hinweise halten die Handlung durchweg lebendig und laden den Leser zum Miträtseln und Mitgrübeln ein.

Besonders gut gefallen hat mir, dass neben der Ermittlungsarbeit auch die privaten Angelegenheiten der Kommissare wieder eine Rolle spielen. Die zum Teil dramatischen Entwicklungen verleihen dem ohnehin schon lebhaften Geschehen zusätzliche Spannung.

Abgerundet wird die Krimihandlung durch allerlei Wissenswertes rund um Sylts einzigartige Natur und Kultur - genau die richtige Dosis Lokalkolorit, die ein Regionalkrimi braucht.

„Düsteres Watt“ punktet mit einer genauso spannenden wie abwechslungsreichen Handlung und hat mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert.