Rezension

Fesselnd

Das große Schweigen - Katja Montejano

Das große Schweigen
von Katja Montejano

Bewertet mit 5 Sternen

„...Atme, solange du noch kannst...“

 

Ein 15jähriges Mädchen wird von drei Männern in der Wohnung überwältigt, vergewaltigt und mitgenommen. Sie nennen sich Amtspersonen

Viele Jahre sind vergangen. Beim Staranwalt Ferdinand Bouillè in Bern erscheint Ruth, eine alte Frau, die wie fremdgesteuert wirkt. Sie fragt nach Jacques Bouillè, dem Vater von Ferdinand und ehemaligen Besitzer der Kanzlei. Ferdinand weicht aus. Die Frau verletzt ihn mit mehreren Messerstichen schwer und stürzt sich aus dem Fenster.

Die Polizisten Luc und Oliver überbringen Primrose, der Tochter Ferdinands, Die Nachricht vom Anschlag auf den Vater. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Primrose erhält eine SMS. Den Inhalt habe ich oben zitiert.

Die Autorin hat einen fesselnden und logisch geschickt durchkonstruierten Krimi geschrieben.

Das Buch lässt sich zügig lesen.

Die Protagonisten sind gut charakterisiert. Primrose hat nach der Trennung von Oliver ihren Job als Kriminalbeamtin an den Nagel gehängt. Sie hat auch ihr Äußeres verändert und trägt Glatze. Es war der zweite Tiefschlag in ihrem Leben. Der erste war der Selbstmord der Mutter vor 10 Jahren.

Oliver, der Primrose mit Svetlana betrogen hat, hat private Probleme. Svetlana erwartet Zwillinge, obwohl Oliver nie Kinder wollte.

Luc ist Primroses Nachfolger. Sie hat ihn noch selbst eingearbeitet. Beide haben sich gut verstanden. Auch Luc ist geschieden. Seine Frau hat das alleinige Sorgerecht für die Tochter. Doch nach ihrer erneuten Heirat häufen sich die Problem.

Der Fall Ferdinand Bouillè scheint schnell erledigt, als e die nächsten Toten im Umfeld des Anwaltes gibt. Primrose nimmt die Ermittlungen auf privater Basis in die Hand. Lucs Chef darf nicht wissen, dass er mit ihr zusammenarbeitet.

Das Buch greift ein heikles Thema aus der Schweizer Geschichte auf, das Schicksal der administrativ Versorgten. Nach und nach gestattet die Autorin auf gekonnte Art Rückblicke in die Vergangenheit. Das geschieht, ohne dass eine erkennbare Spur des Täters dabei verraten wird. Die psychischen Verletzungen führen zu grausamen und brutalen Taten. Wer das Buch lesen möchte, sollte sich darüber klar sein, dass es heftige Szenen und Handlungen gibt, die nicht jedermanns Sache sind.

Der Schreibstil ist dem Genre angemessen. Er sorgt für ein rasantes Tempo. Manchmal folgen die Handlungsstränge so schnell aufeinander, dass die Ermittler anscheinend Unwichtiges auf später verschieben müssen. Das aber gibt den Täter immer einen neuen Vorsprung. Es ist ein Spiel auf Zeit. Ausgefeilte Dialoge sorgen für neue überraschende Wendungen oder arbeiten gezielt die Vergangenheit auf. Nichts wird dem Zufall überlassen. Jede Handlung des Täters ist aus seiner Sicht logisch begründbar. Emotionen wie Trauer und Wut werden mit passenden Worten vermittelt.

Gleichzeitig werden in der ohnehin schon spannenden Handlung aktuelle Themen angesprochen, so der Umgang mit schwierigen Jugendlichen oder das Thema Sterbehilfe.

Das Cover mit dem Gitter auf blauem Untergrund lässt viel Spielraum für Interpretationen.

Das Buch erhält von mir fünf Sterne, weil es handwerklich ausgezeichnet gemacht wurde.