Rezension

Fulminanter Showdown tröstet nicht ganz über Längen im Mittelteil hinweg

Verheißung Der Grenzenlose
von Jussi Adler-Olsen

Bewertet mit 4 Sternen

Ich mag Carl Morck und seine Kollegen vom Sonderdezernat Q schon seit 6 Büchern. Schade ist nur eins: während man zwischenzeitlich dachte "Wow, Olsen wird mit jedem Roman besser!" setzt sich das mittlerweile leider nicht mehr fort. Buch 5 (Erwartung/Marco-Effect) fand ich deutlich schwächer als die Vorgänger und dieses Werk versucht nun wieder an die besten Zeiten anzuknüpfen. Das gelingt aus meiner Sicht aber nur teilweise.

Das Buch beginnt spektakulär im Jahr 1997 mit dem Tod eines jungen Mädchens, das kopfüber in einer Baumkrone hängt und - gut 15 Jahre später - dem öffentlichen Selbstmord des Polizeibeamten, der die Leiche des Mädchens damals fand, auf seiner Pensionierungsfeier. Carl und seine Truppe werden auf den Plan gerufen und schon bald deutet alles darauf hin, dass das Mädchen nicht - wie bisher angenommen - Opfer eines Verkehrsunfalls wurde. Die Spuren führen zu einer ominösen Sekte, die einen Sonnenkult betreibt und von Schweden aus operiert.

Und das ist die Stelle, an der Olsen die Spannung nicht halten kann. Die endlosen Ermittlungen von Carl, Assad und Rose sind sicherlich nah an wirklicher Polizeiarbeit und nicht immer gibt es so rasante Ermittlungen, dass einem schwindlig wird. Das kann ich verstehen. Trotzdem mutet das Buch an dieser Stelle fast ein wenig langatmig an - und ich bin mir sicher, das kann Olsen eigentlich besser.

Dass er es besser kann, merkt man dann am fulminanten Finale, das mit vielen Wendungen aufwartet und mich wirklich begeistert hat. Das ist wieder Jussi Adler-Olsen in Bestform und ich finde es etwas schade, dass er dieses Niveau leider nicht über das gesamte Buch halten konnte.

Das Privatleben der Ermittler rutscht diesmal leider etwas in den Hintergrund. Ich hätte mir mehr Handlung zu Hardys Genesung, zu Carls (Nicht-mehr)Beziehung zu Mona und zu Roses zwiegespaltener Persönlichkeit gewünscht. Sie spielt erst ganz am Ende eine Rolle, als diese Geschichte mit einem Paukenschlag wieder aufgerollt wird (für Leser, die die Vorgängerbände nicht kennen, wird die Brisanz dieser Szene aber kaum zu verstehen sein). Einzig zu Assad und seiner geheimnisvollen Vorgeschichte wirft Olsen immer mal wieder ein paar Bröckchen als Köder aus. Selbst der Letzte dürfte nach diesem Roman wissen, dass Assad viel mehr ist als ein syrischer Immigrant, der aus seiner kriegsgebeutelten Heimat geflohen ist.

Insgesamt finde ich das Buch trotz aller Kritik (auf hohem Niveau, das muss ich zugeben) lesenswert. Besser als der Vorgänger ist es auf alle Fälle!