Rezension

Kalte Zeit

Wintergewitter - Angelika Felenda

Wintergewitter
von Angelika Felenda

Bewertet mit 4 Sternen

Kurz nach dem ersten Weltkrieg ermittelt Kommissär Reitmeyer wieder. Sein zweiter Fall.

München 1920. Der erste Weltkrieg ist gerade vorbei, die einfachen Menschen kämpfen ums Überleben. Die Monarchie ist beendet, doch mit einer Demokratie können die Menschen noch nicht viel anfangen. Sie sind mit ihrem eigenen Leben beschäftigt und müssen für Nahrung und eine warme Unterkunft im kalten Winter sorgen, was für die meisten gar nicht so einfach ist. Wer eine feste Anstellung hat, dem geht es noch einigermaßen. So auch dem Kriminalkommissär Reitmeyer, der bei seiner Tante wohnt und im Polizeidienst arbeitet. Doch seine schlimmen Kriegserlebnisse machen ihm immer wieder zu schaffen, die schrecklichen Bilder wird er nicht los. Heute würde man das wohl posttraumatische Belastungsstörung nennen. Aber damals hatten viele Menschen mit ähnlichen Symptomen zu kämpfen, eine psychologische Betreuung gab es nicht. Reitmeyer ist trotzdem froh, dass er einer geregelten Arbeit nachgehen kann, auch wenn diese nicht besonders gut bezahlt wird. Er ist ein aufrechter und ehrlicher Beamter, was zu der damaligen Zeit nicht unbedingt die Regel war. Es gab viele rechtsgerichtete Kräfte, die gerade eine linksgerichtete Regierung verjagt hatten. Nationalistische Gruppierungen verschiedener Ausrichtung wollten an Macht gewinnen, ihre Handlungen waren nicht selten ungesetzlich, doch es herrschte Vertuschung, Korruption und mitunter auch offene Gewalt. Ein aufrechter Polizist stieß da schnell an seine Grenzen, besonders wenn seine Vorgesetzten auch mit den rechten Gruppierungen sympathisierten. So ging es auch dem Kommissär Reitmeyer. Er ermittelt im Todesfall einer jungen Frau, den seine Vorgesetzten zunächst als Unfall abtun wollen. Als unzweifelhaft feststeht, dass es Mord war, und auch noch eine zweite junge Frau ermordet wird, versucht man auf subtile Art und Weise, den Fall in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken. Reitmeyer merkt das und kann das Schlimmste verhindern, doch leicht hat er es nicht. Ein Bauernopfer ist schnell gefunden, doch der Kommissär lässt sich nicht täuschen. Eine wichtige Rolle spielt eine weitere junge Frau, Gerti Blumfeld aus Berlin, die in Bayern ihre verschwundene Schwester sucht. Was sie mit dem Fall zu tun hat, erkennt Reitmeyer erst spät, und auch diese Frau ist in Gefahr.

Die Geschichte hat mich angesprochen. Sie ist spannend und sie erinnert an historische Begebenheiten aus der damaligen Zeit. Der Kommissär ist eine sympathische Figur, und auch manche Menschen in seinem Umfeld sind Sympathieträger. Ein wenig mehr Klärung am Schluss hätte ich mir gewünscht. Was wurde aus Gertis Schwester? Und was wurde aus den Reichswehrschlägern, die ja auch für einige schlimme Taten verantwortlich waren? Reitmeyer hatte doch einen Zeugen gefunden, der aussagen wollte, kam es also zu einem Prozess? Vermutlich eher nicht, weil die Schläger ja von ganz oben gedeckt wurden, aber das hätte man ruhig noch erwähnen können. Abgesehen davon ein durchaus lesenswertes Buch.