Rezension

Krimi, der Literatur ist!

Das Gedächtnis der Insel - Christian Buder

Das Gedächtnis der Insel
von Christian Buder

Bewertet mit 4 Sternen

Endlich mal etwas anderes! Weg vom Einheitsbrei und hin zum Erzählten! Eine Neuentdeckung. Christan Buder, muss ich mir merken. Der Roman von Sturm, Wind und Insel und ein bisschen Krimi hat mir sehr gut gefallen. Zum Schluss hin war es mir sogar zu viel Krimi, weswegen ein Sternchen bedauerlicherweise flöten ging ;-).

Christian Buder, Jahrgang 1969, freier Autor und Journalist, hat ein Gespür für Atmosphäre. Vielleicht liebt er auch nur Meer, Wellen, Wind und Insel. Jedenfalls, als ich mit ihm, beziehungsweise seinem Protagonisten Yann, die kleine Insel in der Bretagne betrete, die Gegenstand seiner Erzählung ist und die nur von 200 Menschen bewohnt wird, aber stets von einigen verrückten Touristen besucht wird, die entweder der Ornithologie frönen oder sensationslüsterne Sturmfotografen sind, bin ich gleich mitten drin im Wetter, in der Gischt, dem Möwengeschrei und der Brandung.

Die Insel ist karg, die Vegetation nicht nennenswert und Yann war seit über zwanzig Jahren nicht mehr hier. Der Menschenschlag ist rau. Ich wollte, ich könnte sagen, rau, aber herzlich. Nix. Rau. Harsch. Verschlossen. Kurz angebunden. Man erkennt Yann fast nicht wieder, dann bekommt er doch ein Zimmerchen in Roses kleiner Pension. Er hätte auch in sein Elternhaus gehen können. In das große Steinhaus, in dem er aufgewachsen ist. In dem aber Rykel haust. Die seinen Vater geheiratet hat, der nun tot ist. Deswegen ist Yann gekommen. Oder? Nun, ich sag es gleich, da ist noch mehr. Unter anderem Gwenn, seine Jugendliebe. Doch gemach, der Sturm zieht ja herauf und sicherlich regnets.

Christian Buder legt in seiner kriminalistischen Erzählung das Gewicht nicht auf die Aufklärung eines Falles, sondern auf die Stimmung und Schilderung des heraufziehenden Jahrhundertsturms. Kann man ihm trotzen? Standhalten? Überleben? Wasser ist wunderbar, Meer ist superschön, Wasser ist tödlich, Meer ist gefährlich. Hungrig. Nach Insel.

Christian Buders Schilderungen der Leute, des Lands und des Wetters kann man nicht anders als großartig bezeichnen. Seine Sätze sind oft kurz. Man hat schließlich in den Sturmvorbereitungen keine Zeit für Langatmiges. Kurz sind seine Sätze, aber nicht stakkatohaft. Seine Vergleiche sind schön und treffen ihr Ziel. Gegen Ende hin vermischen sich Kriminalistik und Sturm zu einer Einheit und mir wird es ein bisschen zu actionreich.

Fazit: Sehr gut gelungener Krimi mit ganz viel Meer, Sturm, Wind und Wellen, knorrigen Leuten, Spuren der Vergangenheit und natürlich unvermeidlicher Leichen, die aber nicht weiter stören.

Weitere Bücher von Christian Buder sind - (Kriminalromane): Die Eistoten. Der Tote im Meer. (Sachbuch): Schwimmen ohne Nass zu werden, wie man mit Philosophie glücklich wird.

Kategorie: Krimi bzw. kriminalistische Erzählung
Verlag: Insel, 2017

Kommentare

LySch kommentierte am 25. Mai 2017 um 23:19

Deine Rezi ist wirklich wunderbar, Wanda! Dad hört sich nach einem ganz tollen Buch sn! Wandert auf meine Wunschliste für den Herbst ;)

Steve Kaminski kommentierte am 26. Mai 2017 um 09:04

Das Buch hat Dir also so gut gefallen, dass Du die Insel gleich mit Yann zusammen betreten hast! :-) - Eine sehr lebendige Rezi! Schön!

Kennst Du von den anderen erwähnten Büchern des Autors was? (Heißt er nicht Martin Buder?)

Naibenak kommentierte am 26. Mai 2017 um 20:06

Richtig schön, Wanda! Erinnert mich ganz stark an Claudie Gallays "Brandungswelle" - sie hat es auch großartig drauf, diese Schroffheit in Worte zu fassen :-)

wandagreen kommentierte am 26. Mai 2017 um 20:35

Ich hoffe, ich lese sie mal. Klingt nach einem super Tipp, Bi!

katzenminze kommentierte am 02. Juni 2017 um 21:05

Die Brandungswelle mochte meine Ma supergerne. Ich hab' es auch gelesen, aber glaube ich war damals zu jung dafür.

E-möbe kommentierte am 26. Mai 2017 um 23:07

Schon das zweite Buch, das ich innerhalb einer Woche deinetwegen auf meine Wunschliste auf LB geworfen habe. Strange.

wandagreen kommentierte am 26. Mai 2017 um 23:09

Ich glaube aber, dass dir das vllt gar nicht gefällt. Na, schaun mer mal. So ganz bin ich hinter deinen Geschmack auch noch nicht gekommen.

katzenminze kommentierte am 02. Juni 2017 um 21:09

Das ist witzig Wanda: Man sieht deiner Rezension ein bisschen an, wie der Stil des Buches ist. Mit den kurzen Sätzen und so. Das geht mir auch oft so, dass ich beim rezensieren so schreibe, wie der Autor vorher. ^.^ Aber ich glaube es ist ein Qualitätsmerkmal. :)

Naibenak kommentierte am 02. Juni 2017 um 21:26

Minzi, ja stimmt!!! :-) das hab ich auch manchmal ;-)

wandagreen kommentierte am 04. Juni 2017 um 15:28

Das war die Intention!